Pneumologie 2008; 62(10): 602-606
DOI: 10.1055/s-2008-1038207
Historisches Kaleidoskop
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulose-Museum

Tuberkulose-WandermuseumTuberculosis MuseumItinerant Tuberculosis MuseumR.  Kropp
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Publication Date:
28 July 2008 (online)

Bei der Gründung des Deutschen Tuberkulose-Archivs im Jahre 1996 ging es auch um die Namensgebung. Neben der gewählten Benennung[1] waren andere Ideen im Gespräch, so „Deutsches Tuberkulose-Museum”. Das Erstaunen war groß, als späterhin bei der Durchsicht der dem Deutschen Tuberkulose-Archiv gespendeten Materialien zur Überraschung aller auffiel, dass Tuberkulose-Museen schon vor über einhundert Jahren existierten. Welche Bedeutung kam ihnen zu?

Mit der Entdeckung der Tuberkulosebakterien durch Robert Koch war zwar die Ätiologie der Tuberkulose (TB) als bakteriell verursachter, übertragbarer Krankheit endgültig geklärt, auch konnte der wichtigste Infektionsweg – die aerogene Übertragung der TB von Mensch zu Mensch – beschrieben werden. Jedoch war damit eine wirksame individuelle Therapie im Sinne der Heilung der Krankheit noch lange nicht möglich. Zur Bekämpfung der TB mussten deshalb verschiedene andere Wege beschritten werden. Vorrangig war die Vermeidung der Ansteckung, zum Beispiel durch Unterlassen des Spuckens in der Öffentlichkeit [1] [2]. Hierzu bedurfte es einer intensiven Aufklärung der Bevölkerung; während man früher eine gewisse Scheu hatte, vor Laien medizinische Themen zu behandeln, gelangte man allmählich zu der Überzeugung, dass Informationen über Ursache und Wesen infektiöser Krankheiten, vor allem der Tuberkulose, eine herausragende Vorbedingung für ihre wirksame Bekämpfung sind[2]. „Je größer die Erkenntnis über das Wesen der Tuberkulose bei Erwachsenen und Kindern ist, desto größer ist auch der Schutz des Einzelnen” [3]. Bei der Tuberkulose kommt noch hinzu, dass „entsprechend ihrem chronischen Verlaufe die erforderlichen Verhütungsmaßregeln (wie z. B. Auswurfbeseitigung, Wäschedesinfektion) in jedem Falle während vieler Jahre fortgesetzt werden müssen” [4].

Diese Aufklärungsbemühungen wurden auf verschiedene Weise in Angriff genommen. „Dabei sollten nur die feststehenden Resultate der Wissenschaft mitgeteilt werden, damit aus der Volksbelehrung keine Volksbeängstigung werde” [4]. Methodisch wurde die schriftliche Belehrung allein bei der Schwierigkeit des Gegenstandes nicht für ausreichend erachtet, und das „lebendige Wort” gemeinsam mit unmittelbarer Anschauung (Führung, Vortrag) wurde als am wirkungsvollsten angesehen [1], um „das Interesse der Lernenden nicht nur durch das, was er hört, sondern auch durch das, was er sieht, zu fesseln” [4] [5].

Deshalb dienten dem Zwecke der Volksbelehrung in hervorragendem Maße Ausstellungen und Museen[3]. Die erste die Tuberkulose betreffende Ausstellung in Deutschland wurde im Oktober 1902 in Berlin veranstaltet, in Verbindung mit der Ersten Internationalen Tuberkulosekonferenz. Aus den Gegenständen dieser Ausstellung, die den damaligen Stand der Tuberkulosebekämpfung veranschaulichte, wurde das erste Tuberkulosemuseum Deutschlands in Berlin-Charlottenburg eingerichtet und am 13. Juni 1903 eröffnet; es war in der Frauenhoferstraße 11, im Gebäude der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg untergebracht und wurde seither ständig ergänzt und auf aktuellem Stand gehalten [4]. Träger war die 1899 gegründete Internationale Vereinigung gegen die Tuberkulose[4]. Im Herbst 1908 wurde das Berliner Tuberkulose-Museum an das Deutsche Zentral-Komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) abgegeben, da letzteres besser in der Lage sei, es für die Zwecke der Volksaufklärung in Deutschland nutzbar zu machen ([Abb. 1]).

Das Museum wurde in einzelne Abteilungen eingeteilt ([Tab. 1]) derart, dass sie eine einheitliche Übersicht über die Tuberkulose und ihre Bekämpfung gestatteten. Im Einzelnen wurden die Abteilungen folgendermaßen erläutert (nach [4]):

Tab. 1 Abteilungen des Tuberkulose-Museums in Berlin. 1. Geschichte der Tuberkulose 2. Verbreitung der Tuberkulose 3. Ursache der Tuberkulose 4. Verhütung der Tuberkulose 5. Ermittlung der Kranken 6. Unterbringung der Kranken 7. Grundlagen der Behandlung 8. Spezielle Maßnahmen der Bekämpfung

Die Geschichte der Tuberkulose Hier waren Bilder hervorragender Tuberkuloseforscher aller Zeiten und seltene Werke aus der Tuberkuloseliteratur zu sehen, mit dem Ziel, die gesamte klassische Tuberkuloseliteratur hier zu sammeln; „die Darstellung der Geschichte der Tuberkulose sollte dem Nichtmediziner einen Einblick in den großen Entwicklungsgang der ärztlichen Kunst eröffnen, zeigen, welchen mühevollen Weg die medizinische Wissenschaft seit Jahrtausenden bis zur Gegenwart durchlaufen hat. Kaum eine andere Krankheit dürfe geeigneter sein darzulegen, welche Summe geistiger Arbeit auf die Erforschung verwandt werden musste, um die Höhe unserer heutigen Kenntnisse zu erreichen. Den Besuchern des Museums sollte das richtige Verständnis für die Arbeit der Wissenschaft und die Achtung vor ihrem Wert vermittelt werden, welche die Grundlage des Vertrauens auf die ärztliche Kunst bildet” 4. Die Verbreitung der Tuberkulose Dieser Abteilung fallen 2 wichtige Aufgaben zu, zum einen darzulegen, welche Bedeutung der Tuberkulose infolge der erschreckend großen Zahl ihrer Opfer zukommt, und zum anderen, das Verständnis für und die Mitarbeit bei statistischen Erhebungen zu fördern, welche in Zukunft für die Bekämpfung der Tuberkulose an Wichtigkeit erheblich zunehmen werden. Die Ursache der Tuberkulose (die Ätiologie der Tuberkulose) Diese Abteilung ist dem Tuberkelbazillus gewidmet. Denn es ist von fundamentaler Bedeutung für die Bekämpfung der Tuberkulose, eine Vorstellung von der ansteckenden Natur der Krankheit zu vermitteln. Zu sehen sind mikroskopische Präparate, TB-Kulturen, pathologisch-anatomische Präparate. Verhütung der Tuberkulose Hier werden die wichtigen Maßnahmen zur Unschädlichmachung des Auswurfs und der Desinfektion von Wohnräumen und Werkstätten gezeigt. Ermittlung der Kranken (der Tuberkulösen) Die verschiedenen Wege der Ermittlung in Deutschland und in anderen Ländern werden dargestellt. Unterbringung der Kranken In dieser Abteilung werden die verschiedenen Tuberkulose-Einrichtungen beschrieben und durch reichliches Bildmaterial veranschaulicht: Heilstätten, Kinderheilstätten, Erholungsheilstätten, Tuberkulosekrankenhäuser, häusliche Behandlung (Haussanatorium) u. a. m. Grundlagen der Behandlung Die Grundzüge der hygienisch-diätetischen Behandlung und die Tuberkulintherapie werden vorgezeigt. Spezielle Maßnahmen zur Bekämpfung Hier werden die Propagandamittel der Tuberkulosebekämpfung vorgestellt: Plakate verschiedener Länder, Ansichtspostkarten u. a., die populäre Tuberkuloseliteratur, die Tuberkulosegesetze der einzelnen deutschen Staaten. Hinzu kommen Diapositive und ein Modellkasten für den Tuberkuloseunterricht.

Als sehr sinnvoll wurde angesehen, dass die Besucher solcher Vorträge und Museen einige kleine Andenken mit nach Hause nehmen konnten, damit sie sich noch weiter mit dem Thema beschäftigen und ihre Umgebung dafür interessieren konnten. Hierfür wurden die Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamtes empfohlen. Als besonderer Schwerpunkt dieser Volksbelehrung wurde die Information der Jugend befürwortet [5].

Der Museumsgedanke wurde in den folgenden Jahren auch anderenorts in Deutschland und in anderen Staaten realisiert. Angeregt durch eine Reise badischer Arbeiter zum Berliner Tuberkulosemuseum [6] wurde 1904 in Karlsruhe „unter der Leitung von Ob.-Reg.-Rat Bittmann ein ständiges Tuberkulosemuseum eingerichtet, wozu die großherzogliche Regierung 3000 Mk. bewilligte”[5]. Hierzu heißt es in der Erstbeschreibung von 1905 [7] [8]: „Mit der Ende November des verflossenen Jahres stattgehabten Einweihung eines Tuberkulosemuseums in Karlsruhe hat die innerhalb der badischen Grenzen präsistierende Zweigbewegung zur Bekämpfung der Tuberkulose ein weiteres Glied in die Kette der seit Jahresfrist unternommenen Maßnahmen gefügt. Wie jede kulturelle und soziale Bewegung erst in den Augenblicken ihre Wesenheit offenbart, wo sie (…) in vollem Lauf sich über geackerten und ungeackerten Boden ergießt, mit einem Worte, wo aus der Zentralisation der Idee die Dezentralisation anhebt, so hat auch die Bewegung gegen die Tuberkulose erst in den Augenblicken sozial greifbare Formen angenommen, wo sie von ihrem Krystallisationspunkt in Berlin aus die Provinzen (…) überflutete und zu einer Massenparole wurde.

(…) Auf der Grundlage dieses gemeinnützigen regen Tätigkeitsdranges (…) musste die Begründung eines Museums für Tuberkulose fruchtbaren Boden finden, einer Lehr- und Lernstätte für alle die, die mittelbar oder unmittelbar – und wer wäre dies nicht im modernen wirtschaftlichen Leben – von dieser Volkskrankheit bedroht werden.”

Das Karlsruher Tuberkulosemuseum wurde 1907 nach Mannheim transferiert [9]. 1906 wurde durch die Landes-Versicherungsanstalt des Großherzogtums Hessen ein Tuberkulosemuseum in Darmstadt ([Abb. 1]) gegründet[6] [10] [11], weitere z. B. in Hannover (1908), später in Würzburg ([Abb. 2]) [12], Dresden und Speyer [3]. Auch im Ausland wurde die Idee der Tuberkulosemuseen aufgegriffen [13]. Ein Tuberkulosemuseum in New York sei in den ersten 3 Jahren seines Bestehens von 372 000 Menschen besucht worden und habe sich zur Erziehung und Aufklärung des Volkes vorzüglich bewährt [14].

Unter „Verschiedenes” findet sich in der Zeitschrift für Tuberkulose (Band 10, 1907, 96) folgende Notiz: „Das Wander-Tuberkulose-Museum, das seinerzeit in Darmstadt gegründet wurde, befindet sich augenblicklich in Offenbach. Es enthält reiches statistisches Material über die verheerende Volkskrankheit, mikroskopische Präparate, eine Sammlung mikroskopischer Photographien von Staubarten, die in den einzelnen Geweben erzeugt werden und den Lungen besonders gefährlich sind, Angaben über Erholungsheime, Milchkuranstalten u. a. m. Die Ausstellung bleibt einen Monat in Offenbach und kommt dann nach Gießen. Jeden Tag werden Führungen von Ärzten veranstaltet.”

Das Darmstädter Tuberkulose-Museum wurde bald nach seiner Eröffnung zu einem Wandermuseum umgerüstet. Man hatte beobachtet, dass die wenigen, in Großstädten stationären Tuberkulose-Museen nur einen kleineren Teil der Bevölkerung erreichen konnten. Die Wandermuseen waren eine „abgespeckte”, fahrbare Variante der stationären Tuberkulose-Museen; sie zogen von Kreis zu Kreis, von Ort zu Ort, und waren so eingerichtet, dass sie möglichst breite Schichten der Bevölkerung über das Wesen und die Gefahren der Tuberkulose sowie über die Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen aufzuklären und zur Beteiligung an diesem Kampfe aufzufordern in der Lage waren. Der Umfang der in ihnen demonstrierten Objekte musste natürlich deutlich kleiner sein als in stationären Tuberkulosemuseen; auch ihre Gliederung wurde anders, gestraffter konzipiert als in den ursprünglichen, ortsfesten Museen ([Tab. 2]) [15].

Tab. 2 Disposition eines Tuberkulose-Wandermuseums. Der Bau des menschlichen Körpers,mit anatomischen Tafeln und Modellen der Brustorgane. Wesen und Ursache der Tuberkulose mit Abbildungen und schematischen Darstellungen über den Erreger der Krankheit, die verschiedenen Übertragungsarten von Mensch zu Mensch und von Tier zu Mensch. Entwicklung und Verlauf der Tuberkulose mit Tafeln und anatomisch-pathologischen Präparaten der verschiedenen Krankheitserscheinungen. Verbreitung der Tuberkulose mit statistischen Angaben zur Verbreitung der Tuberkulose im Deutschen Reich. Verhütung der TuberkuloseBekämpfung und Heilung der Tuberkulose mit Beschreibungen des Heilstättenwesens, der Tuberkulosefürsorgestellen u. a.

Es wurde Wert darauf gelegt, dass nicht eine Überfülle aller möglichen Sachen in ihnen zusammengetragen waren, sondern nur solche Gegenstände gezeigt wurden, die von Laien verstanden wurden und ihnen eine dauernde Belehrung boten, auch die lokale Situation berücksichtigten. Während der Dauer der Ausstellung wurden Führungen vor allem von ärztlicher Seite angeboten [10].

In der Folge wurden auch andere Tuberkulose-Museen zu Wandermuseen umgerüstet oder es wurde ihnen ein Wandermuseum angegliedert; neue Gründungen wurden meist gleich als Wandermuseum konzipiert. Die Tuberkulose-Museen wurden im Laufe der Zeit von zahlreichen Besuchern besichtigt, denen somit eine Vorstellung von Wesen, Ursache und Bekämpfung dieser ansteckenden Krankheit vermittelt werden konnte. Dabei „ist man bestrebt gewesen, den in der Tuberkulosearbeit Tätigen die Aufgabe, durch Vorträge aufzuklären, dadurch zu erleichtern, dass man ihnen die nötigen Unterlagen und das erforderliche Anschauungsmaterial zur Verfügung zu stellen suchte. So hat das Deutsche Zentralkomitee einen Lichtbildervortrag mit verbindendem Text zusammengestellt, den der Verlag auf Antrag gegen geringe Vergütung verleiht. Die Tuberkulosewandermuseen des Deutschen Zentralkomitees haben eine Zeitlang an vielen Orten Veranlassung gegeben, aufklärend zu wirken. Der ‚Fürsorgeverband Pfalz’ e. V. läßt ein Tuberkulosemuseum in einem für den Transport eingerichteten Wagen von Ort zu Ort fahren (…). Auch das Deutsche Hygienemuseum läßt es sich jederzeit angelegen sein, die Aufklärungsarbeit zu fördern. (…) Kleinere Tuberkuloseausstellungen befinden sich dauernd in Umlauf, können auch käuflich erworben werden” [16]Über das Procedere bei solchen Wanderausstellungen finden sich detaillierte Auskünfte[7] [3]. Hiernach waren zur Ausrichtung einer Wanderausstellung umfängliche Vorbereitungen erforderlich. Zunächst waren die größeren Gemeinden/Städte einer Region aufgefordert, sich um eine solche Ausstellung zu bewerben. Dann ging es darum, in den beteiligten Gemeinden die Voraussetzungen zu schaffen. Hierzu waren Bedingungen zu erfüllen ([Tab. 3]). Und schließlich mussten die Bewohner auf die Ausstellung aufmerksam gemacht werden. Hierfür wurde ein einheitliches Procedere vorgeschlagen ([Tab. 4]). Für die Zeit während der Ausstellung galt eine besondere Anweisung ([Tab. 5]).

Tab. 3 Bedingungen für die Ausstellung des Wander-Tuberkulose-Museums. Stellung eines geeigneten Raumes, als welcher sich der Rathaussaal oder ein Schulsaal eignen dürften, nebst Heizung und Beleuchtung und zweier Tische. Der Raum muss ungefähr 100 – 120 qm. Bodenfläche haben. Übernahme der Transportkosten, als welche in Frage kommen die Kosten des Bahntransports vom vorhergehenden Orte der Ausstellung und die Kosten von und nach der Bahn (Die gesamten Kosten betragen nur einige Mark). Stellung eines Schreiners nebst Gehilfen für die Dauer der Aufstellungs- und Abrüstungsarbeiten, d. s. an 2 Tagen je 5 – 6 Stunden. Übernahme der Kosten der Reinhaltung und Beaufsichtigung der Ausstellung. Verwahrung der leeren Kisten in einem gegen Nässe etc. geschützten Raume während der Dauer der Ausstellung.

Tab. 4 Um der Tuberkulose-Ausstellung möglichst weite Verbreitung zu sichern, wird empfohlen: Die Ortsbewohner und die der nächsten Umgebung müssen durch öffentliche Bekanntmachungen (Zeitungen im redactionellen Teile, Plakate und Schelle) öfters auf die Ausstellung hingewiesen werden. Die Herren Ärzte müssen gewonnen werden, Vorträge über die Tuberkulose anhand der Ausstellungsgegenstände zu halten; zu diesen ist alsdann öffentlich einzuladen. Schulen, Vereine (auch Frauenvereine, Korporationen, Krankenkassen, Arbeiterorganisationen jeder Art, die einzelnen Betriebe pp.) müssen besonders auf die Ausstellung aufmerksam gemacht werden. Zur Eröffnung, in der regelmäßig der Vorsitzende des Vorstandes der Landesversicherungsanstalt Großherzogtum Hessen den ersten erläuternden Vortrag halten wird, dürften einzuladen sein: Die Behörden, Orts-, Schul- und Kirchenvorstände, Ärzte, Geistliche, Lehrer, die Vorstände etwaiger in der Wohlfahrtspflege tätigen Vereine (auch Frauenvereine), die Gewerkschaften, Krankenkassen und die Presse pp. Es wird anheimgestellt, die Einladung auf die benachbarten Orte auszudehnen. Die Besucher der Ausstellung müssen gezählt werden, ebenso die Vorträge. Vereine, Schulen etc., die die Ausstellung geschlossen besuchen, werden unter Angabe der Besucherzahl besonders aufgeführt.

Tab. 5  „Anweisung die Tuberkulose-Ausstellung betr.” Die Ausstellung muss längere Zeit am Tage und insbesondere auch zu den Abendstunden geöffnet werden. Für die Aufsicht muss eine gewandte Person, möglichst ein Gemeindebeamter bestimmt werden. Diese hat die Besucher der Ausstellung und die einzelnen Vorträge zu zählen. Die im Ausstellungslokal aufgestellte Sammelbüchse ist am Schlusse der Ausstellung zu öffnen, und das Geld, zuzüglich des Erlöses aus Nährmitteltafeln (diese werden zum Preise von 50 Pfg. das Stück verkauft, aber nur 40 Pfg. abgeliefert, da 10 Pfg. dem Verkäufer als Vergütung zukommen) mit Postanweisung, nach Abzug des Portos an uns einzusenden. Auf dem Postabschnitt ist zu bemerken, wie viel Personen die Ausstellung besucht haben, wie viel Vorträge gehalten und wie viel Nährmitteltafeln verkauft worden sind. Das in der Ausstellung ausgelegte Flugblatt „Die Tuberkulose und das Tuberkulose = Wander = Museum” überschrieben, wird als kostenlos an die Besucher verteilt. Der Ausstellungsraum muss täglich nass aufgezogen und die Ausstellungsgegenstände mit einem feinhaarigen Handbesen abgekehrt werden.

Hier die Antwort eines angeschriebenen Arztes:

„Der Einladung zur Eröffnung des Tuberkulose-Wandermuseums in Herbstein werde ich Folge leisten, falls es mir meine Praxis erlaubt. Wegen der Entfernung und des gegenwärtig hohen Krankenstandes kann ich kein bestimmtes Versprechen abgeben zur Übernahme von Vorträgen und zur Führung durch das Museum.”

Die Volksbelehrung war aber nicht als einzige Aufgabe des Tuberkulose-Museums gedacht. „Die dem Tuberkulose-Museum gestellte Aufgabe ist mit der Volksbelehrung allein nicht erschöpft. Das Museum (…) soll zu einer internationalen Sammelstelle für das gesamte Tuberkulosematerial ausgestaltet werden und in anschaulicher Weise die verschiedenen Methoden der Tuberkulosebekämpfung der einzelnen Völker widerspiegeln, es wird dann in seiner Vollendung ein kulturhistorisches Denkmal des internationalen Kampfes sein, zu dem die Völker sich unter dem Zeichen des Roten Doppelkreuzes mit dem großen Ziele der Ausrottung der Tuberkulose vereinigt haben” [4].

Dieses große Ziel wurde nicht erreicht, weil die Tuberkulosemuseen bei der vorrangigen Aufgabe der Volksaufklärung in Deutschland anderen Möglichkeiten weichen mussten. So schrieb Griesbach ([1], S. 272): „Auch die Methode der Wanderschau und die der sozialhygienischen Ausstellungen hat im Rahmen sachgemäßer Aufklärung für die Tuberkulosebekämpfung ihren besonderen Platz. Man bedient sich ihrer wohl deswegen nicht (mehr [Einfügung des Autors]) sehr häufig, weil zahlreiche Umständlichkeiten mit dem Besorgen des Materials verbunden sind und andrerseits auch die Kosten wesentlich höher liegen als durch die Methodik der Lichtbildaufklärung.”[8]

Erst viele Jahre später wurde das Deutsche Tuberkulose-Archiv[9] gegründet, eine Einrichtung, welche das oben genannte Ziel einer „Sammelstelle für das gesamte Tuberkulosematerial” zumindest für den deutschsprachigen Raum verwirklicht.

Seit 2000 existiert darüber hinaus im Gesundheitsamt Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kreis, eine „Tuberkulose-Wanderausstellung” zur Aufklärung der Bevölkerung über die Tuberkulose – in schöner Nachfolge des Karlsruher Tuberkulosemuseums. Sie ähnelt in ihrer Intention, ihrem Aufbau und ihrem (aktualisierten) Inhalt den früheren Tuberkulose-Wandermuseen und wendet sich hauptamtlich an medizinische Laien und Pflegepersonal; allerdings besteht auch bei jüngeren Ärzten heut ein großes Unwissen über die Tuberkulose, weil diese eine seltene Krankheit geworden ist. Dazu gibt es eine Broschüre „Die Tuberkulose – eine weltweite Herausforderung”. Ansprechpartner sind Herr Dr. Königstein und Herr Dr. Strohe.

Literatur

  • 1 Griesbach R. Die Tuberkulosebekämpfung. Leipzig: Georg Thieme Verlag 1941
  • 2 Held L. Das Wandermuseum des Fürsorgeverbandes Pfalz.  Tuberkulose-Fürsorge-Blatt. 1924;  11 77
  • 3 Helm F, Seiffert E. Die Entwicklung der Tuberkulose-Bekämpfung in Deutschland im Rahmen einer kulturhistorischen Schau von 100 Jahren. Berlin: Selbstverlag des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. 1931
  • 4 Kayserling A. Das Tuberkulose-Museum in Berlin.  Tuberculosis. 1903;  II 297-307
  • 5 Kayserling A. Volksbelehrung und Tuberkulosebekämpfung.  Zeitschrift für Tuberkulose und Heilstättenwesen. 1904;  5 321-329
  • 6 Bittmann K. Eine Arbeiterreise. Berichte von 77 badischen Arbeitern über den Besuch der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt zu Charlottenburg. Karlsruhe: Macklot 1904 (Zitiert nach Kayserling 1904)
  • 7 Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe für das Jahr 1904 (20. Jahrgang). Karlsruhe 1905: 143-148
  • 8 Marcuse J. Das badische Tuberkulosemuseum zu Karlsruhe.  Zeitschrift für Tuberkulose und Heilstättenwesen. 1905;  7 66-69
  • 9 Das Tuberkulose-Museum in Mannheim .8. Jahresbericht für das Jahr 1907. Arbeiter-Sekretariat und Gewerkschafts-Kartell Mannheim, Seite 59. Verwaltungs- und Rechenschaftsbericht der Großherzoglich-badischen Hauptstadt. Mannheim 1908: 229-230
  • 10 Ein Gang durch das Tuberkulose-Museum der Landesversicherungs-Anstalt Großherzogtum Hessen, Darmstadt. Wittich, Darmstadt 1906
  • 11 Arbeiter-Sekretariat und Gewerkschafts-Kartell Mannheim .Das Tuberkulosemuseum in Mannheim. VIII. Jahresbericht für das Jahr 1907 59
  • 12 Führer durch das Tuberkulosewandermuseum der Landesversicherungsanstalt Unterfranken 2. Auflage. Würzburg 1914
  • 13 Taussig A. Tuberkulosemuseen.  Österreichische Rundschau. 1931;  27 Heft 3
  • 14 Farrand L. Zschr f Armenwesen. 1908;  10 311
  • 15 Klehmet F. Das Tuberkulose-Wandermuseum des Deutschen Zentral-Komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose.  Zschr f Tuberk. 1909;  14 384-389
  • 16 Blümel K H. Handbuch der Tuberkulosefürsorge, Band II. München: J. F. Lehmann Verlag 1926
  • 17 Kluge F. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin: Walter de Gruyter Verlag 1957
  • 18 Riehl-Halen H. Der deutschsprachige Tuberkulosefilm in der medizinischen Aus- und Weiterbildung sowie in der Volksaufklärung. Heidelberg: Inauguraldissertation 1998
  • 19 Instruzioni al publico sul contagio della tisichezza; scritte per sovrano comando dalla facoltà medica del sopremo magistrato di sanità di Napoli. Napoli 1782 (zitiert nach Kayserling 1904)

1 Nach einem Vorschlag von Herrn Professor Dr. Heinrich Jungbluth, Gießen.

2 Schon im 18. Jahrhundert wurde vereinzelt die „Belehrung des Publikums” für wichtig erachtet [19].

3 Griechisch μουσϵιον (museion), lateinisch museum: „Ort gelehrten Tuns” [17], hier am besten Sammlung, Schau, Dauerausstellung.

4 Vorgängerin der IUATLD (International Union against Tuberculosis and Lung Disease).

5 Meldung unter „Verschiedenes” in der Zeitschrift für Tuberkulose und Heilstättenwesen 6, 1904, Seite 397.

6 Die Recherchen zu dieser Arbeit wurden in allen in der Literatur genannten Archiven vorgenommen. Sie haben vor allem ausführliche Informationen zum Tuberkulosemuseum in Darmstadt ergeben, weswegen vor allem auf dieses im Folgenden Bezug genommen wird.

7 Das Hessische Staatsarchiv Darmstadt hat hierzu umfängliche Unterlagen zur Verfügung gestellt. Sie betreffen Ausstellungen des Wandermuseums der Landesversicherungsanstalt des Großherzogtums Hessen im Bereich der Großherzoglichen Kreisämter Erbach (1906) und Lauterbach (1910). Die [Tab. 2 5] wurden aus diesem Material genommen.

8 Der erste Aufklärungsfilm über die Tuberkulose wurde 1916/1917 hergestellt [18].

9 Das Deutsche Tuberkulose-Archiv besteht seit 1996 und ist in Fulda ansässig. Adresse: c/o Dr. med. Robert Kropp, Liegnitzer Straße 6, 36100 Petersberg, Tel.: 0661/61955, Fax: 0661/64085, E-Mail: dr.robert.kropp@gmx.de

Dr. med. Robert Kropp

Liegnitzer Straße 5

36100 Petersberg

Email: dr.robert.kropp@gmx.de

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