psychoneuro 2008; 34(3): 160
DOI: 10.1055/s-2008-1076629
Bücher

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Über die Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie" - Das Vergessen der Vernichtung ist ein Teil der Vernichtung selbst

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Publication Date:
14 April 2008 (online)

 
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    P. Fuchs, M. Rotzoll, U. Müller, P. Richter, G. Hohendorf (Hrsg.), 387 Seiten, Wallstein Verlag, Göttingen, 2007, € 29,90

    Ein wichtiges und notwendiges Buch mit 23 Lebensgeschichten, in denen aus Krankengeschichten exemplarisch nacherzählt wird, wie es den über 60 000 psychisch Kranken und Behinderten, die zwischen 1940 und 1941 ermordet wurden, ergangen ist. Verdienstvoll ist, dass die als verschollen geglaubten Krankenakten im Zuge der Öffnung der Stasiarchive von den Autoren wieder aufgefunden und der wissenschaftlichen Bearbeitung zugänglich gemacht wurden.

    Darüber hinaus ist der historische Zusammenhang der NS-Euthanasie dargestellt, d.h. die Anstaltspsychiatrie bis in die 30er Jahre. Dadurch wird die Lebenswelt jener Menschen erhellt, die in den verschiedenen Pflegeanstalten des Deutschen Reiches und Österreich gelebt haben und die in den dreißiger Jahren zunehmend eingeengt, verfolgt und in großer Zahl umgebracht wurden.

    Der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist zu danken für die Förderung des Projekts, das von der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg und dem Institut für Geschichte der Medizin getragen wird.

    Zu hoffen ist, dass sich auch der Ärzte und Mitarbeiter psychiatrischer Krankenhäuser in der NS-Zeit angenommen wird, die sich der Euthanasie entgegen stellten. Da gibt es noch eine große Wissenslücke, die gefüllt werden könnte. Auch sollte man bei der Beschreibung der Psychiatrieanstaltsgeschichte nicht vergessen, dass die Psychiater zumindest zeitweise eine kausale Therapie ("Eine kausale Therapie ... psychischer Erkrankungen gab es ... bis heute nicht") durchführten, dank J. Wagner-Jauregg und der Einführung der Malariabehandlung bei Paralytikern.

    Prof. F. Reimer, Weinsberg

     
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