psychoneuro 2008; 34(5): 238
DOI: 10.1055/s-2008-1081022
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Alzheimer-Demenz - Neuartiger Therapieansatz zeigt erste Erfolge

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Publication Date:
03 July 2008 (online)

 
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Abb. 1 Die Zellkerne in menschlichen Zellen (rot). In unbehandelten Zellen ist das APP-Fragment (grün) in Massen nachzuweisen (links), in behandelten Zellen wird die ß-Sekretase effizient gehemmt (rechts), APP-Fragmente sind nicht mehr vorhanden. Bildquelle: Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik

Charakteristisch für die Alzheimer-Demenz sind Amyloid-Ablagerungen im Gehirn, sogenannte Plaques. Diese sammeln sich im Lauf der Zeit an und schädigen nach und nach die Gehirnzellen bis diese schließlich absterben. Plaques entstehen bei der Spaltung des Membranproteins APP (β-Amyloid-Precursor-Protein) durch das Enzym β-Sekretase. Genau an dieser Stelle haben die Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden angesetzt mit dem Ziel, die β-Sekretase wirkungsvoll zu hemmen und so die Alzheimer-Krankheit effektiv zu behandeln oder den Krankheitsverlauf zumindest zu verlangsamen.

Mithilfe eines Membranankers ist es nun gelungen, den β-Sekretasehemmer in der Zellmembran zu fixieren. Der Hemmstoff ist somit in der Lage, sich direkt an floßartig umher schwimmende Bestandteile der Zellmembran, den sogenannten Rafts, anzuhängen und erreicht genau den Ort in der Zelle, an dem die β-Sekretasen zum Ausbrechen der Alzheimer-Krankheit beitragen [1]. Dieser neue Therapieansatz ist bahnbrechend, denn bisherige Therapieansätze treffen den genauen Wirkungsort des Enzyms nur unspezifisch.

Um Hemmstoff und β-Sekretase in unmittelbare räumliche Nähe zueinander zu bringen, mussten zuvor zwei wichtige Fragen geklärt werden: Wo genau in der Zelle spaltet die β-Sekretase das Membranprotein APP? Und wie findet das kurzkettige Eiweiß, das dabei entsteht, den Weg aus der Zelle, um schließlich Plaques zu bilden? Die Antworten verblüfften die Forscher: Die APP-Spaltung findet nur dann statt, wenn APP und die β-Sekretase über Endozytose in die Zelle eingeschleust wurden. Nach ihrem Transport in ein spezielles Zellorganell, dem frühen Endosom, wird APP hier durch die β-Sekretase gespalten. Erste Experimente haben gezeigt, dass diese endosomspezifischen Hemmstoffe um ein Vielfaches effektiver sind als die bisher auf dem Markt erhältlichen, löslichen Präparate - und dies sowohl in Zellkulturen als auch in lebenden Organismen.

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Per Anhalter in die Zelle

Lawrence Rajendran erklärt, "der Hemmstoff fährt quasi per Anhalter mit kleinen Nanoflößen, den Rafts, in die Zelle: Wir nutzen damit einen Mechanismus der Zelle, um den Hemmer genau dorthin zu bringen, wo er wirken soll - das ist bedeutend effektiver". "Darin steckt ein riesiges Potenzial für die Entwicklung neuer und wirksamerer Medikamente gegen Alzheimer", sagt Kai Simons.

Rafts sind der mögliche Schlüssel zu vollkommen neuen Therapieansätzen, in denen der Wirkstoff über die Zellmembran zu den entscheidenden Zielorten gelenkt werden kann.

Quelle: Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 25. April 2008

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Literatur

  • 01 Rajendran L . et al . Science. 2008;  320 (5875) 520-523
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Literatur

  • 01 Rajendran L . et al . Science. 2008;  320 (5875) 520-523
 
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Abb. 1 Die Zellkerne in menschlichen Zellen (rot). In unbehandelten Zellen ist das APP-Fragment (grün) in Massen nachzuweisen (links), in behandelten Zellen wird die ß-Sekretase effizient gehemmt (rechts), APP-Fragmente sind nicht mehr vorhanden. Bildquelle: Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik