Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2021; 56(02): 101-110
DOI: 10.1055/a-1105-0572
Topthema
CME-Fortbildung

Extrakorporale Behandlungsstrategien der Sepsis: die Rolle der Plasmapherese

Extracorporeal Strategies in Sepsis Treatment: Role of Therapeutic Plasma Exchange
Klaus Stahl
,
Christian Bode
,
Sascha David

Zusammenfassung

Hintergrund Die Mortalität bei Sepsis bleibt hoch. Verschiedene Techniken zur extrakorporalen Zytokinelimination wurden als zusätzliche therapeutische Maßnahmen bei Sepsis und septischem Schock untersucht.

Ziele Zusammenfassung einer Auswahl extrakorporaler Blutreinigungstechniken und der aktuellen Erkenntnisse in der klinischen Anwendung mit besonderem Schwerpunkt auf dem therapeutischen Plasmaaustausch.

Methoden Nicht systematische Literaturrecherche.

Ergebnisse Verschiedene extrakorporale Blutreinigungstechniken mit unterschiedlichen Evidenzniveaus hinsichtlich Zytokinelimination, Verbesserung der Hämodynamik und Verringerung der Mortalität werden derzeit klinisch eingesetzt. Die am ausführlichsten untersuchten Modalitäten umfassen die hochvolumige Hämofiltration/Dialyse mit und ohne High-Cut-off-Filter sowie Hämoadsorptionstechniken (einschließlich CytoSorb- und Polymyxin-B-Filter). Trotz teilweise ermutigender Beobachtungen bezüglich der Entfernung proinflammatorischer Zytokine und verbesserten Hämodynamik zeigten randomisierte Studien bislang keinen positiven Einfluss auf das Überleben. Aufgrund der Verwendung von Spenderplasma als Substitutionsflüssigkeit stellt der therapeutische Plasmaaustausch das einzige Verfahren dar, das zusätzlich verbrauchte protektive Faktoren ersetzen kann.

Schlussfolgerungen Die Anwendung extrakorporaler Blutreinigungsmethoden kann für Sepsispatienten außerhalb klinischer Studien bisher nicht empfohlen werden, da derzeit keine Beweise für ihre Wirksamkeit vorliegen. Zukünftige Untersuchungen sollten darauf abzielen, das untersuchte Patientenkollektiv hinsichtlich des klinischen Schweregrads, des Zeitpunkts der Intervention und verschiedener inflammatorischer (Sub-)Phänotypen zu homogenisieren.

Vor dem Hintergrund der fehlregulierten Wirtsantwort auf eine Infektion als zentralem pathophysiologischem Prinzip der Sepsis sind verschiedene extrakorporale Therapiestrategien zur Elimination schädigender Mediatoren entwickelt und klinisch erprobt worden. Dieser Beitrag zeigt die bisherige Evidenz dieser Verfahren auf und diskutiert mögliche zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich.

Abstract

Background Mortality in sepsis remains high. Various techniques for extracorporeal cytokine removal have been investigated as additional therapeutic measures in sepsis and septic shock.

Objectives To summarize a selection of extracorporeal blood purification techniques, with a special focus on therapeutic plasma exchange, and their current evidence in clinical use.

Methods Non-systematic literature review.

Results Various extracorporeal blood purification techniques with different levels of evidence regarding cytokine removal, vasopressor sparing effects and reduction of mortality are currently in clinical use. Most extensively studied modalities include high-volume hemofiltration/dialysis with and without high cut-off filters a well as hemoadsorption techniques (including CytoSorb, and polymyxin-B filters). Despite partly encouraging observations regarding removal of inflammatory cytokines and hemodynamic stabilization, results from randomized studies did not show an effect on survival. Due to use of donor plasma as substitution fluid, therapeutic plasma exchange represents the only modality able to additionally replace protective and consumed factors.

Conclusions The use of extracorporeal blood purification methods cannot be recommended for sepsis patients outside of clinical trials given the current lack of evidence of their efficacy. Future investigations should aim to homogenize the studied patient collective in respect to clinical sepsis severity, time point of intervention and different inflammatory (sub-)phenotypes.

Kernaussagen
  • Bei einer Vielzahl von extrakorporalen Verfahren zur additiven Therapie der Sepsis besteht ein starkes theoretisches Rationale, und initiale Beobachtungen, insbesondere bezüglich verbesserter hämodynamischer Stabilisierung sowie biochemischer Endpunkte, sind vielversprechend.

  • Allerdings konnte bislang in größeren randomisierten Folgestudien eine Verbesserung des Überlebens durch keines dieser Verfahren gezeigt werden.

  • Ein zentrales Problem ist hierbei die Heterogenität der Sepsis sowohl in Bezug auf die Erkrankungsschwere als auch den Zeitpunkt und die Dosis der extrakorporalen Behandlung.

  • Die gesteigerte Berücksichtigung der kritischen Rolle von protektiven (Antikoagulation, Antipermeabilität), in der Sepsis allerdings verbrauchten Faktoren, wird im Rationale zum Einsatz von extrakorporalen Verfahren möglicherweise in Zukunft mitentscheidend für deren Erfolg sein.

  • Die Supplementierung mit protektiven Faktoren über die reine Elimination schädlicher Faktoren hinaus ist hierbei im Gegensatz zu anderen extrakorporalen Therapieansätzen ein Alleinstellungsmerkmal des therapeutischen Plasmaaustauschs.

  • Die Idee einer additiven extrakorporalen Therapie der Sepsis bleibt weiterhin hochaktuell und wird in laufenden Studien weiter intensiv untersucht. Eine Homogenisierung des Patientenkollektivs in Bezug auf die Schwere des klinischen Krankheitsbilds, den Zeitpunkt der Intervention sowie idealerweise auch verschiedener Sepsis-Phänotypen wird möglicherweise mitentscheidend für den Erfolg zukünftiger Untersuchungen sein.



Publication History

Article published online:
19 February 2021

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