Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2020; 27(03): 107-108
DOI: 10.1055/a-1143-2418
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Unn Klare
1   Behnkenhagen
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Publication Date:
16 June 2020 (online)

Lassafieber in Nigeria

Nigeria meldete seit Beginn des Jahres so viele Infektionen mit Lassafieber wie niemals zuvor. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits seit einigen Jahren zu beobachten ist: Bis 2015 wurden in Nigeria maximal etwa 100 Fälle jährlich labordiagnostisch bestätigt. Danach stiegen die Fallzahlen kontinuierlich an, bis im Jahr 2019 bereits 810 bestätigte Infektionen auftraten. Dieses Jahr wurden nun allein bis Mitte Mai 1000 Fälle bestätigt, auch die Zahl der Todesopfer ist derzeit mit 192 so hoch wie nie zuvor.

Fälle von Lassafieber treten in Nigeria vor allem während der Trockenzeit auf, die hier bis Mai andauert. Seit einiger Zeit kommt es außerdem auch während der Regenzeit zu sporadischen Ausbrüchen. Es ist also mit weiteren Fällen zu rechnen. Der Höhepunkt der Infektionswelle lag jedoch in den vergangenen Jahren immer zwischen Januar und März und auch dieses Jahr ist bereits seit Anfang April eine deutliche Abnahme an Neuinfektionen zu beobachten.

Mögliche Ursachen für steigende Fallzahlen

Die Ursache für den deutlichen Anstieg der Fallzahlen seit 2015 ist noch unklar. Da das Lassafieber vor allem durch Nagetiere übertragen wird, ist eine Möglichkeit, dass der Bestand der Reservoirwirte – das ist vor allem die Natal-Vielzitzenmaus – oder die Prävalenz der Viren bei diesen Mäusen zugenommen hat.

Eine andere Möglichkeit ist ein besseres Monitoring: Trotz der relativ geringen Zahl der aus dem westafrikanischen Endemiegebiet gemeldeten Fälle, gibt es schon lange Hinweise darauf, dass hier tatsächlich deutlich mehr Menschen betroffen sind. So erfolgten beispielsweise bereits im Jahr 2003 etwa 10–16 % der Krankenhauseinweisungen in Liberia und Sierra Leone aufgrund von Lassafieber. Schätzungen zufolge erkranken in Afrika jährlich 100 000–500 000 Menschen (einige Studien gehen sogar von noch deutlich höheren Werten aus), etwa 5000 Personen versterben vermutlich an den Folgen der Infektion.

Die steigenden Fallzahlen, die nun aus Nigeria gemeldet werden, könnten daher auch auf Fortschritte bei der medizinischen Versorgung und Überwachung zurückzuführen sein: Infolge des großen westafrikanischen Ebolaausbruchs der Jahre 2014–2016 und dem Wiederauftreten der Poliomyelitis in den Folgejahren wurden in Nigeria Laborkapazitäten geschaffen und Programme etabliert, bei denen Ärzteteams auch in abgelegenen Regionen aktiv nach Erkrankten suchen. Und dies kommt nun nicht nur der Bekämpfung von Ebola und Polio zugute, sondern trägt vermutlich auch dazu bei, dass andere Erkrankungen – wie eben das Lassafieber – vollständiger erfasst werden.

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Quelle: © jarun011 – stock.adobe.com

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