Heilpflanzen 2022; 02(04): 1
DOI: 10.1055/a-1723-2359
Editorial

„Wir leben Heilpflanzen!“

Christian Böser

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Es war eine warme Sommernacht im Juni, ich war 14 und mit meinen Eltern im Allgäu. Wir saßen auf der Terrasse unseres Ferienhauses, und da sahen wir auf einmal Feuer auf den umgebenden Bergen, sicherlich 10. Es brannten riesige Scheite, die Flammen loderten viele Meter hoch, ihr orangener Schein strahlte weit in die Dunkelheit. Es war magisch. Am nächsten Morgen erzählte unser Vermieter von der vergangenen Johannisnacht, der Tradition der Sonnenwendfeier, den Johannisfeuern.

Beim Lesen von Iris Eisenmann-Tappes großem Heilpflanzenporträt zum Johanniskraut (S. 4–15) und Rudi Beisers Beitrag über Anbau und Ernte dieser Pflanze (S. 16–19) hatte ich diese beeindruckende Nacht wieder vor Augen. Der Vermieter hatte mir in Zusammenhang mit der Johannisnacht auch vom Johanniskraut erzählt. Natürlich nicht so dezidiert wie die Autorin und der Autor dieser beiden Beiträge – so wusste er zum Beispiel nichts über die antidepressive Wirkung zu berichten. Heute fasziniert mich die Vorstellung, dass diese kleine Pflanze den von Depressionen mitunter wie erloschen wirkenden Menschen wieder Licht bringen kann.

Zugegeben, Johannisfeuer passen jetzt nicht wirklich in diese Jahreszeit. Oder? Nun, irgendwie doch, denn nach Helligkeit, Licht und Wärme und diesem heimeligen Gefühl, das brennendes Holz – in diesem Fall in einem Kamin – mit sich bringt, sehnen wir uns doch alle in der kalten Jahreszeit mit ihren vielen dunklen Stunden …

Dunkle Stunden vertreiben können auch eine Reihe ätherischer Öle, allen voran solche aus mediterranen Pflanzen. Was sie im Gehirn bewirken und wie sie wirken, schildert Sebastian Vigl (S. 26–31) und zeigt es anschaulich in der Wirkstoffgrafik (S. 32–35). Anusati Thumm stellt aus der Aromatherapie speziell Zitrusdüfte vor, die uns Trost bringen (S. 48–52).

Neben dem Johanniskraut und den ätherischen Ölen sind auch Pflanzen mit einer Sonnensignatur in der Lage, uns Licht zu bringen und uns auch im Winter für die Freude zu öffnen. Das Adonisröschen und die Echte Schlüsselblume gehören zu diesen Pflanzen. Cornelia Stern beschreibt ihre besonderen Eigenschaften für Sie (S. 60–63). Und auch wenn sie keine Sonnensignatur im eigentlichen Sinne haben: Wem geht nicht das Herz inmitten eines Feldes aus Gänseblümchen auf? Rita Lüder zeigt, was sich aus diesen kleinen und oft verkannten Pflanzen alles zubereiten lässt (S. 64–69).

Zimt, Kurkuma, Ajwain. Es sind typische, im Ayurveda verwendete Gewürze, die uns wärmen. Katharina Haas stellt sie uns vor und verrät uns leckere Rezepte für die kalten Tage (S. 70–75).

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Zubereiten und Anwenden!

Ihr

Redakteur Heilpflanzen



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Article published online:
08 December 2022

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