PPH 2022; 28(05): 212-213
DOI: 10.1055/a-1884-6682
News

News

Weiblich, wohnungslos und psychisch krank

Hochschule München

Wohnungslose Frauen, die chronisch psychisch krank sind, lassen sich mit Hilfsangeboten meist schwer erreichen. Ein Lehrforschungsprojekt der Hochschule München gibt Aufschluss über die Bedürfnislage und die Möglichkeiten, wie diese Menschen in München zu unterstützen sind. Die Forschungen des Projekts ergaben, dass die Bedürfnislage der Frauen einen spezifischen Zugang erfordert: „Aufgrund der erlebten Stigmatisierungen fühlen sich die Frauen in konkreten Situationen immer wieder abgewertet, ausgeschlossen und nicht ernst genommen. Sie haben daher ein erhöhtes Bedürfnis, individuell gesehen und ernst genommen zu werden“, sagt Prof. Dr. Ursula Unterkofler, Professorin für Empirische Sozialforschung und Evaluation an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München, die die Studie leitete. Anhand der geführten Interviews lassen sich konkrete Anhaltspunkte erkennen, um die Barrieren zu Hilfsangeboten abzubauen. Anstatt Gemeinschaftszimmern benötigen die betroffenen Frauen Einzelzimmer als Orte der Ruhe und Sicherheit, damit sie eine Nutzung überhaupt in Erwägung ziehen. Dies ist im Sofortunterbringungssystem der Landeshauptstadt schon jetzt möglich, allerdings müssen dazu bestimmte bürokratische Schritte gegangen werden, die dann im Einzelfall genau die Barriere darstellen, die aus vielfältigen Gründen nicht überwunden werden kann. Die Frauen haben generell große Schwierigkeiten, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen: Sie brauchen die Möglichkeit, die Nutzung von Angeboten selbst zu bestimmen, um ihre persönliche Autonomie zu wahren. Nach Diskriminierungserfahrungen ist ihnen auch Anonymität sehr wichtig. Oft stellt es für sie bereits eine Hemmschwelle dar, wenn eine Wohnungsloseneinrichtung als solche nach außen erkennbar ist oder sie Unterschriften unter Anträgen leisten müssen. Neben einem Schlafplatz benötigen sie außerdem Ressourcen, um Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Hygiene zu stillen. Für die Organisation der unterschiedlichen Hilfen wäre es aus Sicht der Fachkräfte deshalb günstig, wenn die unterschiedlichen Hilfen nicht einzeln ausgewiesen werden müssten.



Publication History

Article published online:
22 September 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

© Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany