Im OP 2023; 13(03): 152
DOI: 10.1055/a-2017-0489
DGF-Mitteilungen

Sehr geehrte DGF-Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Petra Becker
,
Martina Losch
,
Antje Scheer

in diesem Beitrag möchten wir das Thema „Sexuelle Belästigung im OP“ ansprechen, das scheinbar immer noch ein Tabuthema ist.

Durch die Me-too-Debatte ist in den sozialen Medien das Thema Missbrauchserfahrungen von Mädchen und Frauen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt worden. In einer 2015 durchgeführten Umfrage kam heraus, dass sich jede sechste Frau und jeder 14. Mann am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlt [1].

Ab wann kann man im OP-Bereich von sexueller Belästigung sprechen? Wir alle kennen die Situationen, wenn Chirurgen „gewaschen“ in den Saal kommen und eine OP-Pflegekraft bitten, ihnen das Telefon aus der Hosentasche zu nehmen. Oder die Kollegin, die andere bittet, ihr den heruntergerutschten BH-Träger wieder hochzuschieben. Eine weitere Situation könnte sein, Haare, die unter der Haube herausgerutscht sind, aus dem Gesicht gestrichen zu bekommen. Solche Situationen sind im OP nahezu normal, in einer Bankfiliale jedoch unvorstellbar. Ist das schon sexuelle Belästigung? Wie empfinden zum Beispiel die Auszubildenden oder Kolleg*innen ohne Berufserfahrung diese Situationen? Wann wehre ich mich und wann gehört es einfach dazu?

Zur Verdeutlichung eine Definition: „Bei sexueller Belästigung handelt es sich um ein einseitiges, unerwünschtes Verhalten, bei dem sich das Opfer unwohl, eingeschüchtert oder in seiner Würde gedemütigt fühlt“ [2]. Diese Definition besagt, dass es eine individuelle Einschätzung ist, wann sich jemand unwohl oder gedemütigt und somit auch belästigt fühlt.

Nach § 12 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Mitarbeitenden vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Mitarbeitende, die ihre Kolleginnen oder Kollegen sexuell belästigen, müssen damit rechnen, dass sie abgemahnt und im wiederholten Fall gekündigt werden. Zusätzlich können sie eine Geld- oder Freiheitsstrafe erhalten. [3]

Entscheidend ist, dass Sie die Antworten auf folgende Fragen kennen:

  • Wie reagiere ich auf eine für mich unangenehme Situation?

  • Was mache ich im Belästigungsfall?

  • Welche Schutzmöglichkeiten bietet mein Krankenhaus an?

  • Kenne ich die Stelle/Verantwortlichen, an die ich mich wenden könnte?

  • Wie wird in meinem beruflichen Umfeld mit diesem Thema umgegangen?

  • Wird das Thema tabuisiert?

Unsere Empfehlung: Wenn Sie sich belästigt fühlen, halten Sie sich an die 4-A-Regel:

  • ansprechen

  • auffordern

  • abstellen lassen

  • anzeigen

Sprechen Sie die Verursachenden direkt auf ihr inakzeptables Verhalten an, fordern Sie ihn oder sie auf, dieses Verhalten sofort einzustellen, bestehen sie auf einer Entschuldigung und der Aussage, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Suchen Sie sich Unterstützung bei Kolleg*innen, gemeinsam ist es leichter, ein Tabuthema anzupacken. Wenn dies alles nicht hilft, wenden Sie sich an den/die Arbeitgeber*in oder Vorgesetzte*n. Die Gleichstellungsbeauftragten und Betriebsräte sind ebenfalls gute Ansprechpartner*innen im Belästigungsfall. Unserer Erfahrung nach führt ein respektvoll vorgetragener, öffentlicher Hinweis auf Belästigung am schnellsten zu der gewünschten Reaktion bei den Verursachenden.

Machen Sie sich bei allem den besonderen Arbeitspatz OP bewusst und seien Sie mutig, die Situationen anzusprechen, mit denen Sie sich unwohl fühlen.

Ihre Petra Becker, Martina Losch und Antje Scheer

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Verantwortlich für den Inhalt: Petra Becker, Martina Losch, Antje Scheer



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Article published online:
20 April 2023

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