Balint Journal 2023; 24(02): 33
DOI: 10.1055/a-2146-5740
Editorial

Liebe Leserin, Lieber Leser

Hans-Peter Edlhaimb

Wanderer, nur deine Spuren
sind der Weg, und weiter nichts;
Wanderer, es gibt keinen Weg,
Der Weg entsteht im Gehen.

Antonio Machado (1875–1939)

In dieser Ausgabe des Balint-Journals 2023 finden sich zwei besonders ausgezeichnete und lesenswerte Artikel zur Balintgruppenarbeit. Diesjährig wurden Veronika Wiemker und David Friedrich Rau für ihre Beiträge der „Deutsche Studenten-Balintpreis“ verliehen. Die Deutsche Balint-Gesellschaft vergibt diesen Preis für eingeschriebene Studenten und Studentinnen mit eigener, professioneller Beziehung zu Patienten oder Patientinnen in der Studienzeit.

Veronika Wiemker führt praxisnah durch ihre schriftliche Darlegung „Schwimmer in den wilden Fluten – Selbstbestimmung im Krankenhausalltag“. Die Autorin reflektiert ihre und aller im Team Beteiligten hoch emotionalen Erlebnisse in deren Gegensätzlichkeiten in der Behandlung eines schwerkranken, elfjährigen Patienten auf der Kindernephrologie eines Universitätskrankenhauses. Der Blick auf das Modell evidenzbasierter Medizin lässt die Autorin den Wunsch nach stärkerer didaktischer Begleitung im Laufe des Studiums formulieren.

David Friedrich Rau stellt an den Beginn seines Berichtes „Endlich Zuhause“ eine romanhafte Erzählung von der aggressiven Figur des „Grantelbart“ im Vergleich zu dem als schwierig wahrgenommenen Patienten auf der Intensivstation. Die Sehnsucht des Patienten, nach Hause zu kommen, und dessen Ablehnung der Institution Krankenhaus, verhindern professionelle Handlungsoptionen. Das Sterben dieses Patienten lässt den Autor in eine weite Reflexion vordringen. Zu vielfältigen Bereichen in der Medizin wie Ethik, Recht, Kommunikation, Würde, Autonomie, Ungewissheit und Gefühlen zu der eigenen Endlichkeit benennt der Autor sehr persönlich seine Gedanken.

John P. Muench, Professor des Department of Family Medicine, Portland, Oregon, USA, stützt sich in dem Artikel „Balintarbeit als medizinische Gegenkultur“ auf die Fragen Michael Balints zur medizinischen Erkenntnistheorie, welche implizit in verschiedensten Formen den Hintergrund der Balintgruppenarbeit prägt, selten jedoch explizit reflektiert wird. Insbesondere verweist der Autor auf die Bedeutung einer von Platon und Aristoteles geforderten Phronesis, einer praktischen Weisheit, eines Wissens um verständnisvolle Fähigkeiten und eine bessere Wertschätzung von Werten in der Arzt-Patienten-Beziehung.

Josef Raab möchte in dem Beitrag „Leiten von Balintgruppen und die Kunst des Mentalisierens“ weitere Strukturierungshilfen anbieten. Der Autor zeigt Wege auf, wie relationales und interaktives Denken das Behandeln zu einem In-Beziehung-Treten verändern und stärken kann. Die Leitung einer Balintgruppe beobachtet und spielt gleichzeitig in der Balintgruppe mit. Vielseitig differenziert werden Schritte für ein gelingendes Mentalisieren beschrieben. Der neugierige Blick wird auf die Umsetzung dieser Schritte in der Balintgruppe gerichtet.

Vielleicht ist Ihr Interesse an den Beiträgen geweckt, viel Freude beim Lesen wünscht

Ihr

Hans-Peter Edlhaimb



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Article published online:
04 September 2023

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