Angewandte Nuklearmedizin 2024; 47(01): 36-50
DOI: 10.1055/a-2182-6499
CME-Fortbildung

Immuncheckpoint-Inhibition

Basiswissen für die klinische PraxisImmune checkpoint inhibitionBasic knowledge for clinical routine
Christian R Klein
,
Georg Feldmann

Die Immuncheckpoint-Inhibition ist eine vielversprechende Behandlungsstrategie in der Onkologie. Immuncheckpoint-Inhibitoren, zumeist monoklonale Antikörper, blockieren die inhibitorischen Signale des Immunsystems und verstärken so die Immunantwort gegen den Tumor. Dieser Übersichtsartikel vermittelt grundlegendes Wissen über die Immuncheckpoint-Inhibition und zeigt den aktuellen Stellenwert dieser Therapien in der modernen Krebstherapie.

Abstract

Immune checkpoint inhibition is now a well-established treatment strategy in cancer therapy. Immune checkpoint inhibitors, mostly monoclonal antibodies, block the inhibitory signals of the immune system and thus enhance the immune response against the tumour. Immune checkpoint inhibitors have become an integral part of modern oncology. Their almost ubiquitous use in cancers of all organ systems shows that the pathological entity of the tumour disease is playing an increasingly subordinate role in the use of immune checkpoint inhibition and that the immunological view in oncology is gaining in importance. Modern biomarkers for the prediction of ICI efficacy and tumour resistance are being developed to improve therapeutic stratification. Future challenges include the management of autoimmune side effects and the combination of checkpoint therapies with other immunotherapies such as mRNA vaccination or CAR-T cell therapy.

Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags

  • sind Sie mit den Wirkmechanismen von Immuncheckpoint-Inhibitoren vertraut.

  • verstehen Sie den klinischen Rahmen und die Indikationen für den Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren.

  • erkennen Sie Immuncheckpoint-Inhibitions-vermittelte Komplikationen und kennen deren Therapie.

  • kennen Sie die Perspektiven der Immuncheckpoint-Inhibition.

Kernaussagen
  • Die Aktivierung von Effektor-T-Zellen erfordert ein ausgewogenes Zusammenspiel von co-stimulatorischen und co-inhibitorischen Signalen, wobei Moleküle der B7-Familie wie CD28 und CTLA-4 eine wichtige Rolle spielen.

  • Oberflächenrezeptoren wie PD-1 auf aktivierten T-Zellen regulieren die Effektorphase der Immunantwort, indem sie mit Liganden wie PD-L1 und PD-L2 interagieren. Eine Blockade der PD-1/PD-L1-Signale verstärkt die antitumorale Immunantwort, während eine Blockade von CTLA-4 eher zu einer Aufhebung der Toleranz gegenüber körpereigenem Gewebe führt, was autoimmune Nebenwirkungen zur Folge haben kann.

  • Für die Entwicklung einer personalisierten Medizin mit individualisierter Therapie sind Biomarker zur Vorhersage der Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI), der Resistenzentwicklung und immunvermittelter Nebenwirkungen von großer Bedeutung.

  • Die Zulassung und der klinische Einsatz von ICI hängt in vielen Fällen von der Expression von PD-L1 als wichtigstem pathologischem Biomarker ab, der immunhistochemisch im Biopsat nachgewiesen werden kann. Die Expression von PD-L1 auf Tumorzellen wird durch den Tumour Proportional Score (TPS) oder Tumour Cells Score (TC) ausgedrückt.

  • Neben der PD-L1-Expression auf Tumorzellen ist auch die Expression von Checkpoints auf tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL) für die Effektivität von ICI-Therapien von Bedeutung. Die Expression von PD-L1 auf Immunzellen kann als immunsuppressives Signal der Selbsttoleranz verstanden werden und beeinflusst ebenfalls die Wirksamkeit von ICI.

  • Die Entwicklung von immunonkologischen Biomarkern steht vor der Herausforderung der intratumoralen Heterogenität (ITH) in der Tumorentwicklung, die durch evolutionäre Prozesse und onkologische Therapien verstärkt wird.

  • Die Komplexität der Tumordynamik und der antitumoralen Immunantwort erfordert einen holistischen Ansatz. Dynamische Biomarker, die zeitliche Veränderungen erfassen, und die Integration mehrerer Marker mit Methoden des maschinellen Lernens könnten die Vorhersage der Wirksamkeit von ICI verbessern.

  • Die Immunogenität eines Tumors wird durch Faktoren wie die Tumormutationslast (TMB) und die Expression von Neoantigenen beeinflusst. Andere genetische Aberrationen wie somatische Kopienzahlvariationen und spezifische Mutationen/Translokationen sind ebenfalls prädiktiv für die Wirksamkeit von ICI.

  • Die Hemmung der negativen Immunregulation durch Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) kann zu immunvermittelten Nebenwirkungen (irAE) führen, die auch als „delayed immune-related events“ (DIRE) bezeichnet werden und verschiedene Organsysteme betreffen. irAE manifestieren sich insbesondere in epithelialen Barrieregeweben wie Haut, Lunge und Darm sowie in sterilen endokrinen Organen wie Hypophyse, Schilddrüse, Leber und Pankreas.

  • Die Graduierung und Behandlung der irAE erfolgt gemäß den CTCAE-Kriterien in mehreren Stufen und beinhaltet häufig eine Glukokortikoidtherapie. Endokrine Autoimmunität durch ICI kann eine dauerhafte Hormonersatztherapie erfordern, während die Wiederaufnahme der ICI-Therapie nach irAE und das Management des Rezidivrisikos noch Gegenstand aktueller Forschung sind.



Publication History

Article published online:
01 March 2024

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