Psychiatr Prax 2023; 50(08): 450
DOI: 10.1055/a-2192-6004
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Einsamkeit und Isolation im AlterEinsamkeit und Isolation im Alter

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Einsamkeit und soziale Isolation sind in den letzten Jahren durch die Pandemie stark in den Blickpunkt von Forschung und Öffentlichkeit gerückt. Aber schon davor war das Bewusstsein gewachsen, dass hier ein erhebliches Problem auf Gesellschaften im demographischen Wandel zukommt. In vielen Ländern werden deshalb dezidierte politische Maßnahmen ergriffen – man denke etwa an die Strategie gegen Einsamkeit des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder international an das Ministerium für Einsamkeit in Großbritannien.

Einsamkeit und soziale Isolation sind mit vielen gesundheitlichen Outcomes assoziiert, so dass eine eingehende Beschäftigung mit diesem Thema lohnt. Sie wurden sogar schon als das „neue Rauchen“ bezeichnet, um das damit assoziierte Gesundheitsrisiko zu verdeutlichen. Erstaunlicherweise fehlte bisher aber eine umfassende Darstellung der Zusammenhänge und Folgen von Einsamkeit und sozialer Isolation im höheren Alter. Das Buch füllt diese Lücke. Es gibt einen umfassenden Überblick über wichtige Korrelate von Einsamkeit und sozialer Isolation im Alter. Die einzelnen Kapitel konzentrieren sich auf empirische Beiträge sowie Zusammenfassungen internationaler Forschung.

Zum Aufbau: Nach einer allgemeinen Einführung in die zentralen Konzepte Einsamkeit und soziale Isolation im 1. Teil, werden diese Phänomene im 2. Teil in die Herausforderungen des Altwerdens eingeordnet. Im 3. Teil werden Armut und andere sozioökonomische Korrelate von Einsamkeit und Isolation diskutiert. Im 4. Teil folgen lebensstilbezogene Korrelate, wie die Nutzung sozialer Medien oder informeller Pflege. Im Anschluss werden gesundheitsbezogene Korrelate wie Adipositas oder mentale Gesundheit im 5. Teil thematisiert. Politische Handlungsempfehlungen werden im 6. Teil erörtert – hier wird auch noch einmal auf die Pandemie und ihre Auswirkungen Bezug genommen. Ein runder Abschluss gelingt durch den 7. und letzten Teil. Hier wird quasi der Weg für weitere Forschung gebahnt, indem die Verfügbarkeit von Daten zu Einsamkeit und sozialer Isolation in vorhandenen großen bevölkerungsrepräsentativen Kohortenstudien skizziert wird. Die Struktur des Werkes ist für den Leser jederzeit sehr gut nachvollziehbar.

Das Buch zeichnet sich auch dadurch aus, dass renommierte Forscher:innen aus nahezu allen Teilen der Welt (z. B. Hawkley, Luhmann, Burholt, Cudjoe, Kojima, De Jong Gierveld) entsprechende Beiträge verfasst haben. Auch werden unterschiedliche Fachdisziplinen vertreten – wie die Medizin, Epidemiologie, Soziologie, Ökonomie, Gerontologie oder auch die Psychologie. Einige Kapitel gehen originellen Fragestellungen nach, etwa dem Zusammenhang zwischen Gesundheitsvergleichen (geht es mir schlechter oder besser als anderen?) und der eigenen Einsamkeit.

Zur Zielgruppe: Aus meiner Sicht wendet sich das Buch vor allem an Universitäten, akademische Einrichtungen, Angehörige von Gesundheitsberufen, darunter insbesondere an Geriater:innen, Psycholog:innen oder Psychiater:innen. In diesen Feldern könnte es sich schnell als Standardwerk für Einsamkeit und Isolation etablieren. Durch eine entsprechende Förderung des Konsortiums der sächsischen Hochschulbibliotheken ist das Buch frei verfügbar (Open Access). Dem interessierten Schmökern zu einem Thema, das uns letzten Endes alle etwas angeht, steht also nichts im Wege.

Georg Schomerus, Leipzig

E-Mail: georg.schomerus@uni-leipzig.de



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Article published online:
16 November 2023

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