Laryngorhinootologie 2024; 103(03): 172
DOI: 10.1055/a-2204-0185
Referiert und Diskutiert

Kommentar zu „Kontaktschutzmaßnahmen für MRSA und VRE: Wann kann man darauf verzichten?“

Contributor(s):
Sebastian Schulz-Stübner

**** Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass routinemäßige Kontaktschutzmaßnahmen (Kittel und Handschuhe) bei endemischen MRSA- und VRE-Besiedlungen unter geeigneten Bedingungen sicher aufgehoben werden können, ohne die Rate nosokomialer Infektionen in einem großen, vielfältigen Gesundheitssystem zu erhöhen. Dies würde zu erheblichen Kosteneinsparungen, zu einer Entlastung des Personals und zu weniger psychologischer Belastung der Patienten und ihrer Angehörigen führen.

Diese Studie unterstreicht die Bedeutung einer hohen Händehygiene-Adhärenz und niedriger Raten von HAI mit MRSA und VRE als Voraussetzung für eine derartige Intervention. Weitere Daten zu den erforderlichen Schwellenwerten wären hilfreich. Kolonisationsdaten wurden nicht erhoben und bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den USA um eine Hoch-Endemieregion für MRSA und VRE handelt.

Leider nicht untersucht wurde die Strategie der gezielten Anwendung von Kontaktschutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des Streupotenzials, abhängig von Lokalisation des Kolonisationsbefundes und Adhärenz mit allgemeinen Hygienemaßnahmen durch den Patienten, welche nach ärztlicher Risikoanalyse erfolgen sollte und nach Meinung des Kommentators gegenüber undifferenzierten Routinemaßnahmen in jedem Fall zu bevorzugen wäre. Besondere Risiken auf der Empfängerseite (z.B. Verbrennungsstation, Neonatologie) wurden in der Studie hingegen berücksichtigt.

Da die ärztliche Risikoanalyse in den KRINKO-Empfehlungen zu MRSA [11] stark in den Vordergrund gerückt wurde und auch die KRINKO-Empfehlungen zu Enterokokken mit speziellen Antibiotikaresistenzen [22] situationsbezogene Interventionen vorschlagen, erscheint ein derart gezieltes Vorgehen in Deutschland im Einklang mit gängigen Empfehlungen umsetzbar.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die in der Studie gewonnene Erkenntnis, dass ein hoher Einzelzimmeranteil keine unabdingbare Voraussetzung für den Verzicht auf Kontaktschutzmaßnahmen zu sein scheint.



Publication History

Article published online:
04 March 2024

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  • Literatur

  • 1 Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut: Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillinresistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Bundesgesundheitsbl 2014; 57: 696-732
  • 2 Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut: Hygienemaßnahmen zur Prävention der Infektion durch Enterokokken mit speziellen Antibiotikaresistenzen. Bundesgesundheitsbl 2018; 61: 1310-1361