Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: S165-S166
DOI: 10.1055/s-0028-1091228
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weltkonferenz 2008 in Dana Point: Wichtige Neuerungen auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie

World Conference Dana Point, 2008: Important developments in the field of pulmonary hypertensionS. Rosenkranz1 , E. Erdmann1
  • 1Klinik III für Innere Medizin, Center für Molecular Medicine Cologne (CMMC), Herzzentrum der Universität zu Köln
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 September 2008 (online)

Die pulmonale Hypertonie ist eine schwerwiegende und potenziell tödliche Erkrankung, die unbehandelt mit einer schlechten Prognose behaftet ist. Noch bis zur Jahrtausendwende gab es keine wirksame medikamentöse Therapie, so dass als Behandlungsmöglichkeit letztlich nur die Lungentransplantation blieb. Seither hat sich jedoch viel getan: In Deutschland sind mit drei Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, einem Phosphodiesterase-5-Inhibitor sowie zwei Prostazyklin-Derivaten mittlerweile sechs Wirkstoffe aus drei verschiedenen Substanzklassen zur Therapie der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) zugelassen, die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können. Das Gebiet der pulmonalen Hypertonie stellt derzeit somit ein in jeder Hinsicht sehr dynamisches Feld dar. Tatsächlich führten neue pathophysiologische Erkenntnisse und kontrollierte Studien bei dieser Erkrankung in den letzten 15 Jahren zu mehr Fortschritten als auf vielen anderen Gebieten. Dies gilt sowohl für die Patientenversorgung (diagnostische Maßnahmen, frühzeitigere Diagnosestellung, neue Therapieoptionen) als auch für die klinische und grundlagenwissenschaftliche Forschung. Erfreulicherweise haben deutsche Zentren maßgeblich hierzu beigetragen und nehmen heute auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie eine weltweit führende Stellung ein.

Auch wenn sich die Möglichkeiten zur Behandlung von Patienten mit pulmonaler Hypertonie in den letzten Jahren deutlich gebessert haben, bleibt leider festzuhalten, dass diese schwere Erkrankung bis heute nicht heilbar ist. Bei vielen Patienten bestehen trotz Behandlung mit den aktuell verfügbaren Therapiemöglichkeiten weiterhin erhebliche Beschwerden, die mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität und einer begrenzten Lebenserwartung einhergehen. Darüber hinaus wird die Erkrankung häufig erst viel zu spät – also in bereits fortgeschrittenen Stadien – erkannt. Auch in Zukunft sind Anstrengungen und intensive Forschung notwendig, um die Versorgung von Patienten mit PAH weiter zu verbessern.

Um diese Anstrengungen zusammenzuführen und die Weiterentwicklungen zu beurteilen und zu koordinieren, sind Konferenzen notwendig, auf denen die weltweit führenden Experten dieses Fachgebietes zusammenkommen. Seit 1973 fanden mittlerweile 4 Weltkonferenzen zum Thema pulmonale Hypertonie statt. Diesen Weltkonferenzen kommt ein besonderer Stellenwert zu: Einerseits legen sie die internationalen Standards fest und andererseits dienen die dort ausgesprochenen Empfehlungen meist als Vorlage für nationale und internationale Leitlinien. Auf dem 1. Symposium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1973 wurde eine Klassifikation vorgeschlagen, nach der die pulmonale Hypertonie – basierend auf der zugrunde liegenden Ursache – in verschiedene Gruppen untergliedert wurde. Die primäre pulmonale Hypertonie (PPH) wurde hingegen als separate Entität ohne bekannte Ursache abgegrenzt und in drei histopathologische Gruppen eingeteilt: die plexogene Arteriopathie, rezidivierende Thromboembolien und die venookklusive Erkrankung. Auf der 2. Weltkonferenz 1998 in Evian wurde neben der Schweregradeinteilung eine neue Klassifikation beschlossen, bei der die pulmonale Hypertonie nach zugrunde liegenden Ursachen und klinischen Ähnlichkeiten gruppiert wurde. Diese Klassifikation wurde auf der 3. Weltkonferenz 2003 in Venedig weiterentwickelt, so dass seither insgesamt 5 Gruppen unterschieden werden. Dabei wird die PAH (Gruppe 1) von anderen Formen der PH abgegrenzt, die als Folge von Linksherzerkrankungen (Gruppe 2), chronischer Lungenerkrankungen (Gruppe 3), chronischer thromboembolischer Ereignisse (Gruppe 4) oder seltenerer Ursachen (Gruppe 5) auftreten. Basierend auf den nun verfügbaren Medikamenten wurden für die Behandlung der PAH erstmals auch konkrete Therapieempfehlungen ausgesprochen.

In diesem Jahr fand im kalifornischen Dana Point die 4. World Conference on Pulmonary Hypertension statt. Erstmals wurde dabei nicht nur auf die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) fokussiert. Vielmehr wurden die Überlegungen und Empfehlungen auf weitere Formen der pulmonalen Hypertonie (PH) bei anderen pulmonal-vaskulären Erkrankungen, die im Rahmen der Herzinsuffizienz oder bei chronischen Lungenerkrankungen auftreten, ausgedehnt. Gegenüber den Empfehlungen der 3. Weltkonferenz gibt es einige entscheidende Neuerungen. Diese betreffen z. B. die Definition der Erkrankung, das diagnostische Vorgehen, die Therapie in frühen Stadien bzw. von Patienten mit milder Symptomatik (NYHA/WHO II) sowie den Stellenwert einzelner Präparate, der Kombinationstherapie und von supervidierten Trainingsprogrammen. Darüber hinaus hat sich das Verständnis der Pathogenese und molekularer Mechanismen der Krankheitsentstehung grundlegend geändert. Dies ermöglicht wiederum die Entwicklung neuer therapeutischer Konzepte. Es ist zu erwarten, dass sich sowohl die Überarbeitung der deutschen Leitlinien als auch die gemeinsamen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Respiratory Society (ERS), die jeweils für 2009 geplant sind, eng an die Empfehlungen aus Dana Point anlehnen werden.

Grundlage dieses Supplements der Deutschen Medizinischen Wochenschrift ist das Symposium „PH UP2DATE 2008 – Post Dana Point: Neue Entwicklungen bei PH/PAH”, das am 14. und 15. März dieses Jahres in München stattfand. Auf diesem Symposium waren die führenden deutschen Experten auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie vor Ort, die in Dana Point vielfach an den Entscheidungsprozessen und -findungen beteiligt waren. Sie berichteten über die in Dana Point beschlossenen Neuerungen hinsichtlich Definition, Klassifikation, Pathogenese, Diagnostik und Therapie der pulmonalen Hypertonie. In dem vorliegenden Heft sind die Symposiumsbeiträge kompetent und ausgewogen zusammengefasst. Gemeinsam mit den Autoren hoffen wir, Ihnen einen verständlichen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zur pulmonalen Hypertonie und den assoziierten Erkrankungen geben und so einen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung der betroffenen Patienten leisten zu können.

Köln, im Juli 2008

Priv.-Doz. Dr. S. Rosenkranz

Klinik III für Innere Medizin, Center für Molecular Medicine Cologne (CMMC), Herzzentrum der Universität zu Köln

Kerpener Straße 62

50937 Köln

    >