Dtsch Med Wochenschr 1974; 99(46): 2335-2340
DOI: 10.1055/s-0028-1108135
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Akute interstitielle Nephritis – mögliche Ursache eines akuten Nierenversagens*

Acute interstitial nephritis – a possible cause of acute renal failureH. Brass, H. Lapp, R. Heintz
  • Abteilung Innere Medizin II der Medizinischen Fakultät der Technischen Hochschule Aachen (Vorstand: Prof. Dr. R. Heintz) und Zentrum der Pathologie der Universität Frankfurt am Main, Abteilung für Pathologie II (Direktor: Prof. Dr. H. Lapp)
* Professor Dr. A. Gebauer, Direktor des Zentrums für Radiologie der Universität Frankfurt am Main, zum 65. Geburtstag.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. April 2009 (online)

Zusammenfassung

Im Laufe von 4 Jahren wurde bei zehn Patienten eine akute interstitielle Nephritis diagnostiziert; bei sechs von ihnen kam es zum akuten Nierenversagen. Es handelt sich wahrscheinlich um eine allergisch bedingte renale Komplikation bei akuten Infekten (sogenannte parainfektiöse Nephritis) und (oder) toxischen Schädigungen. Klinisch im Vordergrund stehen vor allem eine Hämaturie, eine mehr oder weniger ausgeprägte akute Niereninsuffizienz und Schmerzen in der Nierenregion (renales Ödem?). Histologisch finden sich eine interstitielle Zellinfiltration mit Histiozyten, Lymphozyten, Plasmazellen und Eosinophilen sowie ein interstitielles Ödem. Die histologischen Nierenveränderungen ähneln stark einer akuten Abstoßungsreaktion bei Nierentransplantation, ein weiterer Hinweis auf die Möglichkeit einer immunallergischen Genese. Die Behandlung besteht in antibakterieller Chemotherapie der Infektion mit einem gut nierenverträglichen Antibiotikum, unter Umständen in der Verabreichung von Prednisolon in einer Dosis von 60 bis 20 mg/d. Eine Indikation zur Steroidtherapie erscheint besonders dann gegeben, wenn sich nach 2 bis 3 Wochen keine Remission anbahnt. Bei ausgeprägter akuter Niereninsuffizienz kann die Dialysetherapie notwendig werden. Die Prognose bezüglich einer Restitution der renalen Veränderungen ist günstig, wenn das infektiös-toxische Stadium und die initiale akute Niereninsuffizienz überwunden werden. Die Notwendigkeit einer differentialdiagnostischen Abgrenzung der akuten interstitiellen Nephritis, besonders im Falle eines akuten Nierenversagens, ergibt sich gegenüber der Schockniere, der akuten Glomerulonephritis und der akuten Pyelonephritis.

Summary

Acute interstitial nephritis was diagnosed in ten patients within 4 years. In six of them acute renal failure occurred which was probably an allergic renal complication during acute infection (»parainfectious nephritis«) and (or) toxic damage. Clinically the main features were haematuria, a more or less severe acute renal insufficiency, and pain in the region of the kidneys (renal oedema?). Histologically an interstitial cellular infiltration with histiocytes, lymphocytes, plasma cells, eosinophils, as well as interstitial oedema were seen. The histological changes closely resemble those of an acute rejection after renal transplantation. Therapy consists of controlling the infection with an antibiotic. Additionally prednisolone can be given in a dosage of 60–20 mg/d, especially if there is no remission after 2–3 weeks. In severe acute renal insufficiency dialysis may be necessary. Prognosis as regards a return to normal of the renal changes is good if the infectioustoxic stage and the initial acute renal failure are got over. Acute interstitial nephritis, especially in the case of acute renal failure, is to be distinguished from renal shock, acute glomerulonephritis, and acute pyelonephritis.

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