Dtsch Med Wochenschr 1954; 79(12): 468-471
DOI: 10.1055/s-0028-1115460
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Aktive Immunisierung im Kindesalter (Schluß)

F. Hansen
  • Kinderklinik der Medizinischen Akademie Düsseldorf (Direktor: Prof. Dr. K. Klinke)
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Publication Date:
03 May 2009 (online)

Aktive Immunisierung im Kindesalter1

Zusammenfassung

Theoretische Grundlagen und praktische Anwendung der aktiven Immunisierung im Kindesalter wurden am Beispiel der Diphtherie-, Keuchhusten- und Tetanusschutzimpfung diskutiert.

Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit von Impfergebnissen ist die Standardisierung der Impfstoffe; hierzu reicht die Bestimmung des Antigengehaltes nicht aus, sie sollte durch die Angabe der Schutzeinheiten nach Prigge ergänzt werden.

Bei der Diphtherie entfällt die größte Morbidität auf das Schulalter, die Letalität ist im Vorschulalter am höchsten. Deshalb ist eine frühzeitige Immunisierung angezeigt.

65% aller Todesfälle an Keuchhusten entfielen im eigenen Material auf das 1. Lebensjahr. Bei aktiver Immunisierung mit Pertussis-Adsorbat-Impfstoff der Behringwerke bildeten alle Impflinge Antikörper, und zwar durchschnittlich um so reichlicher, je älter und je besser ernährt sie waren.

Die fortlaufende Bestimmung des Agglutinationstiters und des Ausfalls der Agglutinogen-Hautreaktion gestattet, einige Teilerscheinungen der Immunisierung messend zu verfolgen. Drei Impfstoffdosen wurden in monatlichem Abstand gegeben. Die Impfimmunität entwickelte sich in etwa 4 Monaten von der ersten Injektion an gerechnet. Ein hoher Agglutinationstiter bei anlaufender Immunisierung geht mit geringerem Schutz einher, als ein niedrigerer Titer nach vollendeter Immunisierung oder nach spontanem Keuchhusten. Die Zu- und Abnahme des Agglutinationstiters ist ein sicheres Anzeichen für eine Immunisierung, aber die Titerhöhe ist nur sehr bedingt ein Maß für Immunität.

Auch die Agglutinogen-Hautreaktion wird in der zunehmenden Phase einer spontanen oder künstlich induzierten Immunisierung stärker; sie braucht jedoch, über längere Zeit betrachtet, den Titerbewegungen nicht zu folgen.

Regelrecht schutzgeimpfte Kinder erkranken bei gleicher Exposition 4,7—6,6mal weniger an Keuchhusten als nichtgeimpfte; der Krankheitsverlauf wird bei ihnen gemildert. Massive Infektionsdosen können den relativen Impfschutz durchbrechen.

Die in der Praxis oft geübte therapeutische Vakzination keuchhustenkranker Kinder hemmt die Heilung.

Verkehrsunfälle forderten in der Altersgruppe von 5 bis 15 Jahren in Nordrhein-Westfalen 1951 ebenso viele Todesfälle wie die Tbc und alle Infektionskrankheiten zusammengenommen. Wegen der zunehmenden Zahl schwerer Verletzungen und zur Entlastung des Arztes von dem Ermessensentscheid, ob Starrkrampfserum gegeben werden muß oder nicht, wird die frühzeitige, aktive Immunisierung gegen Tetanus, die sich im zweiten Weltkrieg so glänzend bewährt hat, dringend empfohlen.

Mit Vorteil werden Mehrfachimpfstoffe verwendet. Ein Impfplan wird vorgeschlagen. Frühzeitige Impfung, nach Abschluß der Neugeborenenperiode, sichert den Säuglingen im zweiten Halbjahr einen hohen Schutz; zudem sind in der frühesten Lebenszeit die unangenehmen Begleitreaktionen einer Impfung am geringsten. Auf die Wichtigkeit einer nicht schematischen, sorgfältigen Voruntersuchung wird besonders hingewiesen.

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