Dtsch Med Wochenschr 1937; 63(40): 1506-1508
DOI: 10.1055/s-0028-1121749
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Perlsuchtbazillen als Erreger der Lungenschwindsucht

Bruno Lange
  • Tuberkulose-Abteilung des Instituts Robert Koch in Berlin
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Publication Date:
04 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Während bei nicht ausgewählten Kranken mit tuberkulöser Lungenschwindsucht bisher Perlsuchtbazillen im Auswurf nur selten (in Deutschland etwa bei 1% der Erkrankungen) im Lungenauswurf nachgewiesen werden konnten, war dies, wie wir gezeigt haben, bei Kranken, die nach ihren Angaben in ihrem Beruf viel mit tuberkulösem Vieh zu tun hatten, auffallend häufig der Fall, nämlich bei 25%. Diese Tatsache kann kaum anders erklärt werden als durch die Annahme, daß in unseren Fällen zwischen Exposition im Erwachsenenalter und Erkrankung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Offenbar haben diese im Beruf exponierten Menschen fast ausnahmslos die entscheidende Infektion im Erwachsenenalter erlitten. Bei den im jugendlichen Alter stehenden Kranken mit ausschließlich bovinen Tuberkelbazillen im Auswurf ist an eine Primärinfektion zu denken.

Die Beobachtungen über das Vorkommen von Perlsuchtbazillen im Auswurf von Lungenschwindsüchtigen müssen erneut die Aufmerksamkeit hinlenken auf die dem Menschen von tuberkulösen Rindern drohenden Gefahren. Die bisherige Bekämpfung der Rindertuberkulose hat einen befriedigenden Erfolg bisher nicht gebracht und auch nicht bringen können. Es ist an der Zeit, gegen diese Seuche endlich energisch vorzugehen und den von erfahrenen Tierärzten vorgeschlagenen neuen Weg der Tuberkulosetilgung zu beschreiten. Diese Forderung ist um so dringender, als nach den Schlachtbefunden die Tuberkulose unter dem Rindvieh im Zunehmen begriffen ist und auch Beobachtungen über Perlsuchtbazillen bei menschlicher Tuberkulose für eine relative Zunahme boviner Infektionen beim Menschen sprechen. Solange noch Tuberkulose unter den Rindern herrscht, ist ein Schutz des Menschen gegen Ansteckung nur gewährleistet, wenn jede Milch, die nicht von tuberkulosefreien Viehhaltungen stammt, vor der Abgabe an den Verbraucher zwangsweise pasteurisiert und, soweit dies nicht durchführbar ist, in den Haushaltungen vor dem Genuβ kurz abgekocht wird.