Dtsch Med Wochenschr 1935; 61(19): 745-747
DOI: 10.1055/s-0028-1129633
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Über das Vorkommen von lokalem Ödem beim Menschen

Curt Ernst
  • Aus der Medizinischen Klinik Tübingen. Vorstand: Prof. Otfried Müller
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Auf Grund der obigen zahlreichen Versuche kommen wir zu dem Ergebnis, daß Vasoneurotiker wie Hypertoniker an ihrer Haut, wie an ihren Schleimhäuten bei typischer Ausprägung der Erscheinungen zu lokal vermehrtem Flüssigkeitsgehalt neigen. Nach Art der Veränderungen darf mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß sich dieses Plus an Flüssigkeit nicht in präformierten Räumen aufhält. In gleichem Sinne spricht die alltägliche Beobachtung, daß solche Menschen innerhalb kürzester Zeit, mehr als Gefäßgesunde, zu raschen Schwankungen im Aussehen neigen, von großer Schlaffheit der Züge, von müdem, verfallenem Gesichtsausdruck auf der einen, bis zu großer Straffheit, erhöhtem Turgor der Haut auf der anderen Seite. Ort und Intensität der Ausbildung dieser Veränderungen ist von hydrostatischen Verhältnissen weitgehendst unabhängig. Über Jahre und Jahrzehnte hinweg halten solche Patienten an diesen Anomalien fest. Unter Witterungs- und Temperaturveränderungen, wie unter dem Einfluß seelischer Vorgänge werden solche Schwankungen besonders deutlich.

Die vasoneurotische Diathese ist also nicht nur durch Gefäßanomalien charakterisiert, sondern führt darüber hinaus zu Änderungen in der Gewebszusammensetzung. Darüber hinaus besteht für uns kein Zweifel, daß die Vasoneurose mit einer Reihe von Krankheiten in ursächlicher Beziehung steht, daß sie krankheitsdisponierend wirken kann. Wir denken an die Entstehung des Ulcus ventriculi, der roten Hypertonie, der Raynaudschen Gangrän, der Colitis ulcerosa, bestimmter Fälle von Asthma und mancher Formen von Zystitis. Die auffallend häufige Verknüpfung einzelner Glaukomarten, wie des Menièreschen Symptomenkomplexes mit der Vasoneurose sei hier nur kurz erwähnt. Die Zahl der Beispiele ließe sich leicht erweitern.

Über die nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse gegebenen Möglichkeiten zur Entstehung eines solchen lokalen Ödems soll andernorts berichtet werden, ebenso wie über die Beziehungen der Aderlaßfolgen zu dem subjektiven und objektiven Befinden solcher Menschen.

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