Dtsch Med Wochenschr 1911; 37(36): 1651-1655
DOI: 10.1055/s-0028-1130923
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Kenntnis des Ausfalls der Wassermannschen Reaktion im Lumbalpunktat und Blutserum bei Erkrankungen des Nervensystems unter Berücksichtigung verschiedener Antigene

Hermann Dembowski - Stadt-Assistenzarzte und Assistenten am Institut
  • Aus dem Hygienisch-bakteriologischen Institut der Stadt Dortmund. (Leiter: Stadt- und Kreisarzt Dr. Köttgen.)
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Publication Date:
22 June 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Bei Paralysis progressiva ist der Ausfall der Wassermannschen Reaktion im Blute und im Liquor cerebrospinalis — abgesehen von seltenen Ausnahmen — positiv.

In seltenen Fällen verschwindet die Reaktion zeitweise; dann muß die Wiederholung der Venen- und Lumbalpunktion erfolgen, um Klärung zu schaffen.

2. Bei der Taboparalyse liegen die Verhältnisse ebenso.

3. Bei der Tabes dorsalis ist der Wassermann im Blute in der Mehrzahl der Fälle, im Liquor sehr häufig positiv.

Der positive Ausfall der Wassermannschen Reaktion im Liquor ist also, im Gegensatze zu den Angaben Nonnes, nach unseren Erfahrungen für die Differentialdiagnose zwischen Tabes und Paralysis progressiva nicht zu gebrauchen.

4. Bei den anderen Erkrankungen des Zentralnervensystems auf luetischer Basis kann, entgegen der Regel, der Wassermannim Blute im akuten Stadium negativ, im Liquor, ebenfalls entgegen der Regel, positiv sein. Derartige Fälle scheinen nicht sehr selten zu sein.

5. Bei anderen organischen Erkrankungen des Zentralnervensystems und den Geisteskrankheiten nicht luetischen Ursprungs und ohne Kombination mit Lues haben wir keinen Fall von positiver Reaktion im Blute oder Lumbalpunktat gesehen.

6. Bei Luetikern ohne Veränderung des Nervensystems (und Lumbalpunktates!) haben wir eine positive Reaktion im Liquor nicht gesehen.

7. Bei Patienten ohne Lues und ohne Erkrankungen des Zentralnervensystems sahen wir nur negative Reaktionen im Blut und im Liquor.

Bezüglich der drei von uns benutzten, aus der Tauenzien-Apotheke, Berlin, bezogenen Antigene fassen wir unsere Erfahrungen dahin zusammen:

Das Antigen A, Dr. Lessers Antigen (wäßrige Aufschwemmung eines Aetherextraktes aus normalen Menschenherzen), erwies sich als nach jeder Richtung absolut zuverlässig, vorausgesetzt natürlich, daß die Vorversuche es als nicht verdorben erwiesen hatten.

Das Antigen C (alkoholisches Extrakt aus den Lebern luetischer Föten) ergab in einer Reihe von Fällen Versager, erwies sich aber im allgemeinen als gut verwendbar.

Das Antigen B (alkoholisches Extrakt aus normalen Menschenherzen) wies einen erheblichen Prozensatz von Versagern auf, welcher bei der Gesamtheit unserer Untersuchungen noch höher war als bei den Fällen, welche zu dieser Arbeit verwandt sind. Es ist daher höchstens in Parallelversuchen zu verwerten.

Es empfiehlt sich, wichtige Untersuchungen gleichzeitig mit zwei oder mehr verschiedenen Antigenen vorzunehmen.

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