Dtsch Med Wochenschr 1908; 34(43): 1836-1842
DOI: 10.1055/s-0028-1135796
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber neuere Forschungen auf dem Diabetes-Gebiete1)

Ferdinand Blumenthal 1) Referat, erstattet im Verein für innere Medizin am 20. Juli 1908.
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Publication Date:
11 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Als ätiologisches Organ für den Diabetes muß das Nervensystem insofern angesehen werden, als es das Zentralorgan für die Regulation aller Stoffwechselvorgänge, also auch des Zuckerstoffwechsels, ist. Die Nervenfasern, welche diese Regulation vermitteln, gehen durch die Medulla oblongata, wo ein Reizzentrum für die Zuckerbildung sich befindet (Piqûre). Die Leber kommt als diabetogenes Organ insofern in Betracht, als Störungen in der Glykogenbildung und Haftung zum Diabetes führen, doch scheint der primäre Anstoß für diese Störung nicht in der Leber zu entstehen, sondern in anderen Organen (Nervensystem, Pankreas) und wird von dort durch Vermittelung nervöser Bahnen auf die Leber übertragen. Die Leber ist also erst sekundär, nicht primär beim Diabetes affiziert.

Eine primäre Störung kommt durch das Pankreas zustande. Die Einwände von Pflüger vermögen diese Tatsache nicht zu erschüttern. Wie das Pankreas wirkt, wissen wir nicht sicher. Der Nachweis von Stoffen im Pankreas, welche den fermentativen Zuckerabbau aktivieren, ist geglückt, und das Fehlen dieser Stoffe ist als ursächlich mit dem Diabetes in Beziehung gebracht; der endgültige Beweis steht aber noch aus.

Auch der Muskel kann als diabetogenes Organ in Betracht kommen. Die Zuckerverbrennung findet hauptsächlich in ihm statt. Leidet seine für die Zuckerverbrennung funktionelle Tätigkeit, so muß es gleichfalls zur Hyperglykämie und Glykosurie kommen.

Die Zuckerbildung findet beim Diabetiker statt:

1. aus Kohlehydraten, 2. aus Eiweiß. Für die Bildung aus letzterem kommen als bedeutende Quelle Aminosäuren in Betracht. Die Zuckerbildung aus Fett ist nicht widerlegt, aber auch nicht bewiesen. Die Bildung der Acetonkörper findet nicht nur aus Fett statt, wie bis vor kurzem fast allgemein angenommen wurde. Die von Neuberg und mir vor einigen Jahren neubelebte Möglichkeit der Acetonbildung aus Eiweiß darf jetzt als eine bewiesene Tatsache angesehen werden.

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