Dtsch Med Wochenschr 1910; 36(30): 1409-1412
DOI: 10.1055/s-0028-1142952
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber kranke Brustkinder und vom Allaitement mixte1)

Hans Risel
  • Aus der Universitäts-Kinderklinik in Leipzig. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. O. Soltmann.)
1) Vortrag, gehalten vor der Vereinigung Sächsisch-thüringischer Kinderärzte am 8. Mai 1909.
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Publication Date:
22 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Säuglinge des Proletariats entsprechen in ihrem Gedeihen, auch wenn sie gestillt werden, nur zum kleineren Teil dem Begriff des „Brustkindes”. Es finden sich unter ihnen viele Kranke, bei denen der sonst bestehende Unterschied zwischen Brustkind und krankem Flaschenkind fast völlig schwindet. Die Krankheit dieser Kinder bedingt durch Stauung eine sekundär mangelhafte Milchproduktion und führt auf diesem Wege in der ambulanten Behandlung am häufigsten zum Absetzen, nicht aber primäre Unfähigkeit der Frauen zum Stillen. Die Beobachtung der Kranken auf den Säuglingsabteilungen zeigt, daß sie wegen ihrer Hinfälligkeit unfähig sind, die Milchsekretion zu erhalten oder gar wieder in Gang zu bringen. Sie trinken an den voll funktionierenden Brüsten der Stationsammen nur ungenügende Milchmengen, die immer mehr sinken, je mehr man versucht, die fehlende Kalorienzahl durch Flaschenfütterung zu decken. Es ergibt sich daraus für Kinder außerhalb des Krankenhauses, daß ein Allaitement mixte bei kranken Säuglingen nur schwer mit Erfolg durchführbar ist, und das Dilemma, daß mit Einführen der Flaschenfütterung ihnen voll die Gefahren der künstlichen Ernährung drohen, bei Vermeidung der Flasche aber die Schädigungen der Unterernährung. Da letztere aber weniger bedenklich erscheinen als die ersten, wird man den Kranken die Brust möglichst lange zu erhalten versuchen, indem man die Mütter die Technik der Sekretionsunterhaltung der Brust lehrt und versucht, sie zum Anlegen eines anderen Kindes zu bewegen, die Flaschenfütterung aber hinausschiebt, bis sich ein wirklich ausgesprochener Milchrückgang zeigt.

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