Dtsch Med Wochenschr 1914; 40(36): 1708-1713
DOI: 10.1055/s-0029-1190675
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Neuere Fortschritte auf dem Gebiet der Inhalationsanästhesie1)

D. Kulenkampff
  • Aus dem Kgl. Krankenstift in Zwickau. (Direktor: Ober-Med.-Rat Prof. H. Braun.)
1) Vortrag, gehalten im Aerztl. Ver. in Bremen am 14. XI. 1913.
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Publication Date:
03 July 2009 (online)

Zusammenfassung

Der Hauptfortschritt in der allgemeinen Narkosetechnik besteht in der Verwendung von Apparaten, die die maximale Dampfkonzentration der Willkür des Narkotisierenden entziehen und durch Benutzung kleiner, luftdurchlässiger Masken oder solcher mit Atmungsventilen jede Anhäufung von Kohlensäure verhindern. Weiter in der Erkenntnis, daß gutes Aussehen und freie Atmung die wichtigsten Vorbedingungen sind. Die Puls- und Pupillenkontrolle ist bis auf seltene Ausnahmen unnötig und unzweckmäßig. Die Lehre von der Acapnie widerspricht grundlegenden physiologischen Voraussetzungen; freie Luft-, nicht Sauerstoffzufuhr ist die Hauptsache. Die Narkose mit Dampfgemischen : Aethernarkose unter Beigaben von Chloroform nach den Witzel- Hoffmannschen und Braunschen Prinzipien, — in der Außenpraxis nach diesen Vorschriften oder mit dem Braunschen Apparat, in der Klinik mit diesem oder dem nach gleichen Prinzipien gebauten Roth - Dräger - Krönigschen Apparat — ist das sicherste und zweckmäßigste Vorgehen. Die Narkosen werden durchweg oberflächlicher gehalten: an der Grenze des Exzitationsstadiums (v. Brunn), im Stadium der Narkosereife (Kochmann). Intermittierende Narkosen sind wegen der gefährlichen und raschen Schwankungen der Dampfkonzentrationen zu verwerfen. Die viel betonte „äu ßere Ruhe” bei der Narkose ist viel weniger wichtig als die „innere Ruhe” des zu Narkotisierenden. Die beste und einfachste Rauschmethode ist die alte, Thierschsche Unterhaltungsnarkose. Ein wichtiger indirekter Fortschritt in der Narkosefrage ist gegeben durch die Möglichkeit, jede Narkose durch Lokal-, Lumbal- oder Venenanästhesie umgehen zu können, und die prinzipielle Anwendung der Lokalanästhesie in den Fällen, in denen mit Sicherheit die Narkose in jedem Falle die Prognose ganz erheblich verschlechtert (Kiefer-, Zungenoperationen, Kleinhirntrepanationen etc.). Endlich in der Anwendung der Kombinationsanästhesien (Magenresektionen etc.).

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