Dtsch Med Wochenschr 1915; 41(8): 217-219
DOI: 10.1055/s-0029-1190966
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Streifschüsse an der Schädelkapsel

 Noehte - Stabsarzt d. L.
  • Aus dem Feldlazarett 11, IV. Armee-Korps
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Publication Date:
15 July 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Streifschüsse der Schädelkapsel durch Gewehrprojektile (Schrapnellkugeln und Granatsplitter mögen wegen ihrer geringeren Rasanz anders wirken, s. Fall 6) sind meistens mit organischen Veränderungen des unter der Wunde liegenden Gehirnteiles verbunden.

2. Wenn die Streifschüsse die motorische Region affiziert haben oder eine andere Gegend mit greifbaren peripherischen Störungen (Nystagmus, Sprachstörung etc.), so kann man die Gehirnveränderung objektiv feststellen.

3. Die Streifschüsse machen aber nicht nur lokale Erscheinungen (die unter 2 genannt sind), sondern, wie die klinische Beobachtung lehrt, auch Störungen allgemeiner Art, Puls- und Temperaturanomalien, Apathie.

4. Die Feststellung der unter Nr. 2 und 3 genannten Störungen ist wichtig für die Behandlung und zur richtigen Beurteilung von später bleibenden nervösen Beschwerden, welche Versorgungsansprüche bedingen können.

5. Die Streifschüsse der Schädelkapsel dürfen also nicht als leichte Verwundungen behandelt werden, sondern bedürfen der Bettruhe und klinischer Beobachtung.

6. Die Frage nach der Dienstfähigkeit von Leuten, die einen Streifschuß am Kopf erhalten haben, läßt sich nicht generell beantworten. Wenn alle Beschwerden und alle objektiven Erscheinungen einer Gehirnverletzung verschwunden sind, so brauchen keine Bedenken gegen den Wiedereintritt in die fechtende Truppe geäußert zu werden.