PiD - Psychotherapie im Dialog 2010; 11(3): 270
DOI: 10.1055/s-0030-1248528
Résumé

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Résumé: Die familientherapeutische Landschaft ist bunt

Rüdiger  Retzlaff, Jochen  Schweitzer, Bettina  Wilms
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Publication Date:
19 August 2010 (online)

Die familientherapeutische Landschaft ist bunt: das hat, so hoffen wir, dieses Heft eindrucksvoll gezeigt. Darüber hinaus wird deutlich, dass Familientherapie ausgehend von Setting und Nutzern schulen- und konzeptübergreifende Vorgehensweisen herausfordert. Die daraus erwachsenen Diskussionen können von Autoren und Herausgebern angeregt werden – ihre Ausgestaltung dagegen muss notwendigerweise in der Praxis erfolgen. Hierbei wird es im bundesdeutschen System zwischen Krankenversorgung, der Jugendhilfe und eigenfinanzierten Beratungen auch immer wieder um die Frage gehen, was im Rahmen von „Therapie” und was im Rahmen von „Beratung” oder „Hilfeplanung” von welchen Akteuren zu leisten ist und welche Leistungen im jeweils gegebenen Kontext wie finanziert werden können.

Leider werden diese Fragen für den niedergelassenen Therapeuten, der z. B. die Indikation für ein familientherapeutisches Vorgehen bei einer Patientin und deren Angehörigen stellt, wohl häufig auch zu erheblichen Hindernissen führen – insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen schon einzelpsychotherapeutische Behandlungsplätze vielfach nur mit langen Wartezeiten zur Verfügung stehen. Kassenfinanzierte familienorientierte Behandlungsplätze sind noch immer rar. Selbst in Zentren der Familientherapie wie Heidelberg ist es häufig keineswegs einfach, Klienten eine familientherapeutische Behandlungsmöglichkeit zu vermitteln. Betrachtet man die Versorgungsrealität von Kindern und Jugendlichen, so scheinen hier auf den ersten Blick familientherapeutische Angebote leichter verfügbar. Doch bei genauerer Betrachtung müssen Eltern und Kinder oft weite Strecken fahren, um notwendige Unterstützung erhalten zu können.

Dies mag nun alles wenig optimistisch klingen – gleichzeitig ist es Aufgabe und Anliegen dieses Heftes, Therapeuten „auf den Geschmack kommen zu lassen”; auf die Chancen und Möglichkeiten familientherapeutischer Konzepte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aufmerksam zu machen und Weiterentwicklungen, wie sie durch die Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Wissenschaftlichen Beirat möglich werden, zu befördern.

Dazu können Sie, liebe Leser, beitragen: Geht es doch manchmal einfach um das nächste Gespräch mit den Angehörigen eines Patienten oder die Frage, an wen Sie in Ihrer Region Klienten vermitteln könnten, die ein familientherapeutisches Anliegen formulieren, wenn Sie nicht selbst als Familientherapeut oder Familientherapeutin arbeiten. Wir alle haben in der uns derzeit immer wieder einholenden Diskussion um knappe finanzielle Ressourcen eher das Wort „nein” im Sinne von „geht sowieso nicht” im Kopf. Wenn dieses Heft zu Fragen der Familientherapie Ihnen Anregungen gegeben hat, vielleicht eher ein „ja” im Sinne von „wie und wo könnte es trotzdem gehen” zu verfolgen, dann könnte dies die psychotherapeutische Landschaft bereichern und mit Sicherheit mehr Möglichkeiten für unsere Klientinnen und Patienten hervorbringen.

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