Zahnmedizin up2date 2011; 5(3): 267-284
DOI: 10.1055/s-0030-1271193
Varia

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Zahnärztliche Kooperationsmodelle

Joachim Messner
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Publication Date:
21 July 2011 (online)

Warum Kooperationen?

Aufnahme von Partnern in die Zahnarztpraxis oder Anstellung von Zahnärzten

Das Gesundheitssystem in Deutschland verändert sich. Sinkende Umsätze und Gewinne treffen die niedergelassenen Zahnärzte im ambulanten Gesundheitswesen. Das Geld, das unsere Gesellschaft über die Krankenkassen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung für die ambulante Versorgung zur Verfügung stellt, reicht nicht mehr aus, um jede Zahnarztpraxis so zu finanzieren, wie es noch vor 10 oder 15 Jahren der Fall war. Ärztliche Kooperationen können einen wesentlichen Ausweg aus einer solchen krisenhaften Situation darstellen. Durch Kooperationen lassen sich Rationalisierungsreserven zwischen 20 und 30 % der Kosten realisieren. Viele Ärzte schrecken nach wie vor davor zurück, eine Gemeinschaftspraxis zu gründen oder eine andere Kooperationsform wie Praxisgemeinschaft oder MVZ einzugehen.

Merke: Die meisten Fehler werden zudem nicht in der eigentlichen Vertragsgestaltung, sondern schon bei der Vorbereitung der Kooperation gemacht. Der Wunsch nach Kostenersparnis oder Gewinnsteigerung sollte nicht das einzige Motiv sein, eine Kooperation zu gründen.

Der Schritt in eine Kooperation darf zunächst nicht nur rational begründet sein, indem ausschließlich wirtschaftliche Aspekte in den Mittelpunkt gerückt werden. Alle Beteiligten müssen wissen, dass die emotionale Ebene eine beträchtliche Rolle spielt. Wichtig ist, dass die Zahnärzte sich in der von ihnen gewählten Rechtsform wohl fühlen und die Zusammenarbeit Spaß macht. Die Partner sollten eine genaue Vorstellung von ihrer Zusammenarbeit haben, insbesondere in Bezug auf das gemeinsame unternehmerische Ziel. Jeder Zahnarzt sollte sich darüber Gedanken machen, welchen Nutzen er von einer Zusammenarbeit hat bzw. was er von dem anderen Partner erwartet.

Beispiel Ein älterer Kollege nimmt einen jüngeren Kollegen zu seiner Entlastung in die Praxis auf. Dieser jüngere Kollege beteiligt sich finanziell nicht an der Gemeinschaftspraxis. Dies ist sinnvoller als eine Beteiligung von Beginn an, da so dem jüngeren Kollegen die Möglichkeit eröffnet wird, sukzessive in die unternehmerische Verantwortung hineinzuwachsen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich der jüngere Kollege nicht verschulden muss. Er kann von den unternehmerischen Erfahrungen des älteren Kollegen profitieren und sich schrittweise mit der Führung der Praxis vertraut machen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, wenn der Praxiswert vor Gründung der Kooperation festgelegt wird. Zum einen besteht Klarheit, wie teuer eine Beteiligung an der Praxis ist. Zum anderen schafft eine solche Festlegung für den jüngeren Zahnarzt die Gewissheit, den gemeinsam geschaffenen höheren ideellen Praxiswert anteilig nicht nochmals bezahlen zu müssen.

Eine weitere mögliche Form ist die Fusion von Zahnarztpraxen, also der Zusammenschluss. Ein Modell, das sich in Zukunft in stärkerem Maße etablieren wird. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten. Es ist ein Unterschied, ob sich 2 Kollegen zusammenschließen, die jahrelang als „Einzelkämpfer“ tätig waren und in etwa gleich große und erfolgreiche Praxen haben, oder ob sich ein jüngerer Kollege einem älteren, erfahrenen Kollegen anschließt. Haben Kollegen unterschiedliche Erwartungen an die Kooperation – wenn etwa ein Kollege zu wenig Patienten hat und noch Kosten sparen möchte, der andere Kollege zu viel Patienten hat und sich einen Kollegen zur Entlastung wünscht –, kann es sein, dass aufgrund der unterschiedlichen Ziele bei dieser Kooperation keine konfliktfreie Zusammenarbeit möglich ist.

Jeder Partner einer Kooperation muss das Gefühl haben, dass seine berechtigten Interessen in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Dies gilt nicht nur für die juristische Vertragsgestaltung, sondern insbesondere auch im Bereich der Unternehmensführung, der strategischen Führung der Praxis und auch bei der Festlegung der Behandlungsschwerpunkte. Die Gründe, die einen Praxisinhaber veranlassen, eine Kooperation einzugehen, sind vielfältig (Abb. [1]).

Abb. 1 Eine Kooperation macht Sinn – aus vielen Gründen.

Die Hauptgründe sind:

  • mehr Freizeit, Reduzierung der Behandlungszeit bei gleichzeitig besserer Auslastung der Infrastruktur der Zahnarztpraxis,

  • Erweiterung der Leistungsspektren für die Patienten, z. B. um Parodontologie, Implantologie, Ästhetik etc.,

  • umfassender Service für die Patienten, z. B. Öffnungszeiten der Praxis durchgehend Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 21:00 Uhr, Samstag von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr.

Warum eine Kooperation? Erweiterung des Leistungsspektrums, z. B. Prothetik, Implantologie, Labor, Ästhetik Erweiterung der Wertschöpfungskette höhere Rentabilität Kostenreduktion Behandler mehr Freizeit

Welche Regelungen müssen nun in einem Kooperationsvertrag getroffen werden?

Die folgenden Ausführungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf die rein juristische und vertragliche Problematik. Sehr viel Wert muss darüber hinaus auf die Vorbereitung der eigentlichen vertraglichen Gestaltung gelegt werden. 90 % der Arbeit und Energie müssen in die Vorbereitung der Kooperation fließen. Hierzu gehören insbesondere die Herausarbeitung der gemeinsamen unternehmerischen Zielsetzung, um dann schließlich das erarbeitete unternehmerische Konzept in eine juristische Form, einen Vertrag oder eine Vertragskonzeption zu gießen.

Merke: Die Erfahrung aus zahlreichen Kooperationsberatungen zeigt, dass gerade die Phase vor dem eigentlichen Vertragsabschluss letztlich die entscheidende Phase ist, um eine langfristige, erfolgreiche Kooperation eingehen zu können.

Ärzte, die schon sehr lange zusammenarbeiten, haben immer wieder betont, dass sich ihre Kooperation nicht durch ein noch so ausgeklügeltes Vertragswerk auszeichnet, sondern durch eine regelmäßige Kommunikation miteinander, Probleme, Anregungen und die Weiterentwicklung der Praxis sind miteinander zu besprechen. In der Regel sind Verträge zumindest alle 4 bis 6 Jahre, je nach Aktivität der Gesellschafter an geänderte Rahmenbedingungen, sei es aus rechtlichen Gründen oder tatsächlichen Gründen, anzupassen. Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten vor dem Abschluss von Verträgen klar sind, welchen Vorteil und Nutzen sie erzielen wollen.

Joachim Messner

Messner Dönnebrink Rechtsanwälte

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