Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2012; 2(1): 6-9
DOI: 10.1055/s-0032-1302468
Forschung
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Nachrichten aus der internationalen Fachliteratur

Björn Hossfeld
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Marian Grade
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Johannes Weiß
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Friederike Klein
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Volker Kriegeskorte
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Frank Lichert
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Brigitte Schopp
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Marian Grade
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Publication Date:
07 February 2012 (online)

Wie viele Intubationen qualifizieren einen Notarzt?

Bernhard M et al. Developing the skill of endotracheal intubation: implication for emergency medicine. Acta Anaesthesiol Scand 2011, DOI: 10.1111/j.1399-6576.2011.02547.x

[Epub ahead of print]

Für die Qualifikation als Notarzt fordern einige Landesärztekammern den Nachweis von mindestens 25 endotrachealen Intubationen, die z. B. während einer anästhesiologischen Hospitation zu absolvieren sind. M. Bernhard und Kollegen haben nun untersucht, in welchem Zeitraum Assistenzärzte im 1. Jahr ihrer Anästhesieweiterbildung wie viele endotracheale Intubationen durchführen und welcher Lernerfolg sich dabei einstellt. Dazu forderten sie alle 21 neuen Assistenzärzte in der Klinik für Anästhesiologie der Universität Heidelberg auf, ihre Intubationen auf einem gesonderten Bogen zu dokumentieren.

Jede Intubation fand unter Anleitung eines erfahrenen Facharztes statt, der bei Problemen eingreifen und die Atemwegssicherung gewährleisten konnte. Je 25 Intubationen eines Probanden wurden zu 1 Block zusammengefasst, um den Lernerfolg zu analysieren. Ziel waren 200 Intubationsversuche pro Person. Die vorhandene Intubationserfahrung aus Famulaturen und PJ gaben die Teilnehmer im Median mit 50 Manövern an – unabhängig vom Erfolg.

Insgesamt wurden von 2007–2010 in der Testreihe 3404 Patienten endotracheal intubiert.

  • Durchschnittlich benötigten die Teilnehmer für 1 Block à 25 Intubationen 15,6 Arbeitstage.

  • Sowohl für die Häufigkeit eines erfolgreichen 1. Intubationsversuchs als auch für die erfolgreiche Atemwegssicherung unabhängig von der Zahl der Versuche zeigte sich eine deutlich Lernkurve vom Block 1 (1.–25. Intubation) zu Block 6 (126.–150. Intubation): Während im Block 1 durchschnittlich 1,6 Versuche nötig waren, um einen Patienten erfolgreich zu intubieren, waren es im Block 8 (176.–200. Intubation) nur noch 1,3 Versuche.

  • Doch auch nach 150 Intubationen mussten die Teilnehmer in 9 % der Fälle das Laryngoskop an den erfahrenen Facharzt übergeben.

Die laryngoskopische Sicht nach Cormack und Lehane lag in 54,8 % der Fälle bei Grad I, in 30,2 % bei Grad II und in 9 bzw. 1,9 % bei Grad III bzw. IV. Diese Verteilung blieb über die betrachteten Blöcke von je 25 Intubationen pro Teilnehmer gleich.

  • Bessere laryngoskopische Sicht war auch mit besseren Intubationsergebnissen verbunden. In den 317 Fällen, in denen den Teilnehmern die Intubation nicht gelang, erreichten die Betreuer eine signifikant bessere laryngoskopische Sicht.

Nur bei 0,9 % der Patienten mussten die Ärzte auf die fiberoptische Intubation oder auf supraglottische Alternativen zurückgreifen.

Fazit Zwar bewirkt Übung einen Lerneffekt, die Ergebnisse belegen jedoch, dass 25 Intubationen den Notarzt nicht ausreichend für die präklinische Atemwegssicherung qualifizieren. Vielmehr darf man auch nach 150 Intubationen nicht von der dafür notwendigen Routine und Sicherheit ausgehen! Dies muss sich nach Diskussion in den verantwortlichen Fachgesellschaften auch in einer Novellierung des Musterkursbuches Notfallmedizin niederschlagen.

Dr. med. Björn Hossfeld, Ulm

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Abb. 1 Laryngoskop zur Intubation. Bis man die nötige Routine im Umgang damit hat, braucht man aber mehr Übung, als im Musterkursbuch Notfallmedizin vorgesehen ist.