JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2013; 2(03): 100
DOI: 10.1055/s-0033-1347938
Kolumne
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Oscar

Heidi Günther
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Publication Date:
14 June 2013 (online)

Die beste Sache an einem Menschen ist sein Hund.

(franz. Sprichwort)

In Ausgabe 1/2013 der JuKiP war der Golden Retriever „Fellow“ zu sehen, wie er der kleinen Frieda das Leben etwas leichter und schöner macht. Golden Retriever sind ja unter anderem dafür bekannt, dass sie als Assistenzhunde, nach entsprechender Ausbildung, besonders geeignet sind. Es sind aber auch tolle Hunde! Allgemein werden sie als intelligent, geduldig, aufmerksam, freundlich und fleißig beschrieben. Außerdem sind sie wunderschön.

Wir haben auch so einen. Eigentlich habe ich ihn – er gehört zwar meinem Sohn, aber Oscar, der Hund, wohnt bei mir und damit ist es doch mein Hund.

Jedenfalls ist es auch ein Golden Retriever, 14 Jahre und sechs Monate alt. Die sechs Monate sind auf keinen Fall zu vernachlässigen, denn ein durchschnittlicher Golden Retriever wird nur etwa zwölf Jahre alt!

Aber mein Oscar ist für mich alles andere als durchschnittlich. Selbstverständlich ist er der Schönste, der Treuste, der Bravste … aller Hunde. Sicherlich kann ich keine Heldentaten berichten, die mein Hund im Laufe seines Lebens vollbracht hat. Er hat kein Leben gerettet, keinen Blinden geführt. Er ist ohnehin nicht besonders clever und ausgesprochen ängstlich. Der Staubsauger ist für ihn der Inbegriff des Bösen. Aber er kann sehr gut im Weg liegen: Egal wo ich in der Wohnung hingehe – Oscar liegt schon da. Im Betteln ist er ungeschlagen und wenn er der Meinung ist, jetzt in den Park zu müssen, kann er unbegrenzt lange mit stoischem Blick vor mir sitzen, bis ich dann irgendwann aufgebe und mich aufraffe. Er erfüllt ein bisschen alle Klischees – er ist wie mein zweites Kind, mein bester Freund, vielleicht sogar meine große Liebe. Wenn es ihm gut geht, freue ich mich. Ist er krank, sorge ich mich. Andersherum merkt mein Hund sehr genau, wenn es mir nicht gut geht und kümmert sich rührend um mich. Natürlich auf seine ganz spezielle Art. Stehen irgendwelche Termine in der Familie an, ist Oscar immer ein fester Teil der Planung und Vorbereitung. Ungebrochen ist in all den Jahren seine übergroße Freude, wenn ich nach Hause komme, und noch größere Zufriedenheit, wenn ich dann auch bleibe. Er nimmt nicht übel, wenn ich keine Lust habe zu reden oder schlechte Laune habe. Er ist mit dem zufrieden, was ich in dem Moment geben will. Mit dieser Freude, Zufriedenheit und bedingungsloser Liebe ist er eine feste Konstante in meinem Leben.

Was macht es da schon wenn, ich um fünf Uhr morgens vor dem Frühdienst bei Wind und Wetter mit ihm losziehe oder kiloweise Haare im Laufe der Jahre aufgesaugt habe? Wenn ich mit der obligaten Tüte bewaffnet durch den Park wandere und unter den skeptischen Blicken der Nichthundebesitzer seine nicht unbeträchtlichen Haufen aufsammle? Wenn er meint, dass ich jetzt genug geschlafen habe und große, feuchte Weckaktionen startet? Nichts, denn er dankt mir das immer wieder neu.

Nun, so langsam entwickelt er sich zum Jopi Heesters der Familie – zumindest vom Alter und der Konstitution. Die Knochen sind mürbe, die Augen trüb, das Gehör ist nicht mehr das, was es mal war, und die Treppe der Staatsfeind Nr. 1. Alles ist ein bisschen beschwerlicher und langsamer und es dauert immer länger, ehe der „alte Mann“ so in die Gänge kommt.

Es ist wie in allen Bereichen des Lebens. Es gibt – in diesem Falle – Hunde, die überdurchschnittlich sind. Die, die große Dinge vollbringen und nicht nur Freund, sondern Helfer und Arbeiter sind. Und es gibt die Oscars.

Ich möchte mein Leben mit Oscar niemals missen wollen. Mir geht es da wie vielen Menschen und ihrer Beziehung zu ihrem Hund. Mir ist durchaus klar, dass nicht jeder diese Beziehung versteht. Aber ich wollte unbedingt einmal von Oscar geschrieben haben.

Ihre

Heidi Günther