Laryngorhinootologie 2014; 93(01): 41-43
DOI: 10.1055/s-0033-1363227
Gutachten + Recht
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Aus der Gutachtenpraxis: Iatrogene CI-Dislokation bei drei Fällen: Komplikation bei der Nachbehandlung oder Behandlungsfehler?

From the Experts’ Office: Three Cases of Iatrogenic Dislocation of CI: Complications in the post-operativ Treatment or Medical Malpractice
B. Didczuneit-Sandhop
,
T. Brusis
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Publication Date:
07 January 2014 (online)

Einleitung

Hauptindikation für eine CI-Implantation ist die beiderseitige cochleäre Ertaubung. In den letzten Jahren ist das Indikationsspek­trum jedoch erheblich erweitert worden. Immer häufiger wird eine (sequenzielle) beiderseitige Implantation vorgenommen. Auch bei einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit (Tonaudiogrammschwelle durchschnittlich>70 dB, Einsilberverstehen < 30%) kann eine CI-Implantation sinnvoll sein, insbesondere wenn eine Hörgeräteversorgung keinen ausreichenden Erfolg erbracht hat. Immer häufiger wird auch ein CI bei einseitiger Taubheit – und Normalhörigkeit der Gegenseite – eingesetzt [Michel, Brusis 2013].

Einen Sonderfall stellt die CI-Implanta­tion nach entzündlichen Prozessen des Mittelohres dar, z. B. nach einer Cholestatomerkrankung und Radikaloperation. Dies betrifft ca. 5–8% aller CI-Patienten. Wenn eine Radikaloperation durchgeführt wurde, sind aber die anatomischen Verhältnisse grundsätzlich so verändert, dass eine geschützte Lage der Elektrode im nun offenen Mastoid nicht mehr gewährleistet ist. Um die Elektrode von der Außenwelt abzuschotten, ist eine gleichzeitige intraoperative Abdeckung mit körpereigenen Materialien (Muskelgewebe, Bauchfett, Hautlappen, Knochenmehl usw.) zwingend erforderlich. Ideal ist die Radikalhöhlenverkleinerung mit Knorpel. Hier wird das Elektrodenkabel auf dem Boden der Radikalhöhle platziert und dann das Kabel gegenüber dem Gehörgang mit Knorpel bedeckt und geschützt. Eine weitere Möglichkeit ist der Blindverschluss des Gehörgangs oder die subtotale Petrosektomie mit Fettobliteration und ebenfalls Blindverschluss des Gehörgangs.

Dennoch kann es nach Monaten oder Jahren zu einer Atrophie des aufliegenden schützenden Gewebes kommen, sodass die Elektrode schließlich in der Radikalhöhle freiliegt. Insbesondere kann ein Kabel, welches nur von Haut bedeckt ist, bei über die Jahre einsetzender Atrophie und Ausdünnung der Haut penetrieren, sodass das Kabel nur von dünner Haut überzogen skelettiert in der Radikalhöhle liegt. Da eine Radikalhöhle bekanntlich regelmäßig vom Arzt gepflegt bzw. gereinigt werden muss, besteht in solchen Fällen das Risiko einer Beschädigung der Elektrode. Auch erfahrenen Behandlern kann dies passieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn zum Reinigen der Radikalhöhle Greifinstrumente zur Entfernung von Krusten eingesetzt werden. [Chong-Sun et al. (2008)] berichten über 720 Fälle von CI-Implantationen und deren Komplikationen. Es wird über 2 Fälle referiert (0,3%), bei denen die Elektrode in der Radikalhöhle frei lag, eine Mastoidobliteration und zusätzlich ein Elektrodenwechsel bei Implantatausfall erfolgte.

Bei einer versehentlichen Entfernung muss das gesamte System ausgetauscht werden und es erfolgt die Reimplantation mit einem neuen System. Nach der Reimplantation muss das System neu eingestellt werden. Je nachdem, ob der Patient auch von einem Technologie-Upgrade betroffen ist und wie die Reimplantation und Platzierung der Elektrode gelingt, können unterschiedliche Höreindrücke auftreten, sodass auch hier hinterher ein weiteres Hörtraining im Einzelfall notwendig sein kann.

 
  • Literatur

  • 1 Chong-Sun Kim, Seung HaOh, Sun O. Chang, Hyoung-Mi Kim u. Dong Gu Hur: Mangement of complications in cochlear implantation. Acta Oto Laryngologica 2008; 128: 408-414
  • 2 Haensel J, Engelke J-Ch, Dujardin H, Westhofen M. Die Cochlea-Revisionsimplantation – Erfahrungen und Ergebnisse. Laryngo-Rhino-Otol. 2004. 83. 83-87 ; :
  • 3 Issing PR, Schönermark M, Kempf HG, Ernst A, Lenarz Th. Cochlear implantation patients with chronic otitis: Indications for subtotal petrosectomy and obliteration of the middle ear. Skull Base Surgery 1998; 8: 127-131
  • 4 Michel O, Brusis T. CI-Implantation bei einseitig Ertaubten: Muss die Krankenkasse die Kosten übernehmen?. Laryngo-Rhino-Otol 2013; 92: 479-481