PPH 2015; 21(02): 104-105
DOI: 10.1055/s-0035-1548599
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
24 March 2015 (online)

FÜR SIE GELESEN: AKTUELLE PFLEGELITERATUR ZUM THEMA
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Manteufel A. Nerven bewahren – Alltag in der Akutpsychiatrie – Aus dem Sudelheft eines Psychologen. Neumünster: Paranus Verlag; 2012. ISBN 978-3-940636-19-5, 184 Seiten, 14,80 Euro (Foto: Paranus Verlag)

„Über das, was wir den ganzen Tag erleben, könnten wir ein Buch schreiben“, tönt es immer wieder durch Dienstzimmer in psychiatrischen Kliniken oder Wohnheimen. Einer, der ernst damit gemacht hat, ist der Diplom-Psychologe und Psychotherapeut Andreas Manteufel. Was er in der heutigen LVR-Klinik in Bonn in zwei Jahrzehnten beruflicher Praxis erlebt hat, bildet er in dem neu erschienenen Buch „Nerven bewahren“ ab. Das Buch ist Nachdenken über die Arbeit, die er macht, und über die Menschen, denen er begegnet.

Während des Lesens wünscht man sich selber, dass man die Tradition der Sudelhefte aufgreift, die beispielsweise der Schweizer Musiker und Poet Mani Matter geprägt hat. Mit den eigenen Sudelheften hat Manteufel sich eine Vorlage gegeben für das gelungene Buch „Nerven bewahren“. Er greift viele alltägliche Szenen und viele alltägliche Sätze auf und schaut nach den tieferen Dimensionen. Jenen tieferen Dimensionen, die im psychiatrischen Alltag sicher eher in Vergessenheit geraten, statt sie aufzugreifen für die Arbeit mit psychisch veränderten Menschen beziehungsweise innerhalb der sogenannten therapeutischen Teams.

Manteufel schreibt selber, was sein Buch ausmacht: ‚Nerven bewahren‘ ist ein Buch über Metaphern und Sprachspiele in der Psychiatrie. Und es ist ein Buch zu der Frage, wie man dort seine Nerven bewahrt.“ Natürlich versucht er eine kernige Antwort, bringt dabei den Humor ins Gespräch, jene Fähigkeit, die sicher vielerorts fehlt. Mit Humor meine er nicht das laute Gelächter, das einem häufig aus den Stationszimmern entgegenschalle. Er meine nicht den Humor, der zur Abgrenzung diene, sondern den feinen Humor, den man gerne mit anderen Menschen teile. Konkret: „Humor beflügelt die Kreativität, hilft dabei, Dinge einmal ganz anders zu sehen, und vermittelt eine positive, lösungsorientierte Grundhaltung.“

Die positive Atmosphäre beziehungsweise die offene Grundhaltung gegenüber der Begegnung wird in dem Buch „Nerven bewahren“ immer wieder spürbar. Dies scheint auch die Beziehung des unterstützenden Psychologen gegenüber dem psychisch veränderten Menschen auszumachen. Die Respekt widerspiegelnde Weise des Schreibens von Andreas Manteufel zeichnet sein Buch aus. An vielen Stellen erinnert man sich an Erlebnisse, die man selber im psychiatrischen Arbeitsfeld erlebt hat. So geht einem das Buch „Nerven bewahren“ auf seine ganz eigene Weise nahe.

In gewisser Weise ist das Buch eine Sympathiebekundung gegenüber den Menschen, die dem psychiatrisch Tätigen für einen vorläufigen Zeitraum zur Wegbegleitung an die Seite gestellt werden. Es drückt einen tiefen Respekt gegenüber jenen aus, die der Normalität auf ihre Weise entrückt sind. Allein schon deshalb sollten viele professionell Tätige das Buch „Nerven bewahren“ in die Hand nehmen.

Christoph Müller

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Zens N, Ebel S. Essbiografie in der Pflege – Ein Ratgeber und Erhebungsinstrument für professionell Pflegende und Entscheidungsträger. Köln: Kuratorium Deutsche Altershilfe; 2012. ISBN 978-3-940054-26-5, 32 Seiten, 6 Euro (Foto: Kuratorium Deutsche Altershilfe)

„Schade, dass es in der pflegerischen Praxis so schwer erscheint und eher vernachlässigt wird, dass wir über die Ernährungsvorlieben unserer Klientel nicht wirklich nachdenken.“ Mit diesem Gedanken schlägt man die kleine Handreichung „Essbiografie in der Pflege“ zu, die das Kuratorium Deutsche Altershilfe veröffentlicht hat.

Dieses Defizit wollen die Pflegepädagoginnen Nadine Zens und Stefanie Ebel reduzieren. In einer Diplomarbeit haben sie sich mit dem Thema „Essen in der Pflege“ beschäftigt. Wenn der Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, Peter Michell-Auli, Recht hat, dass Essen und Trinken einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität haben, so hat ein schärferer Blick auf die Ernährungsgewohnheiten und Ernährungsvorlieben von Bewohnern und Patienten Auswirkung auf die Pflegequalität.

Mit der kleinen Handreichung „Essbiografie in der Pflege“ wollen Zens und Ebel praxisorientierte Hilfe geben, die den Betroffenen zugute kommen soll. Gerade mit dem Blick auf die zunehmende Zahl von dementen Menschen ist eine solche Arbeit eine gute Unterstützung für eine Pflege, die sich auf die Sinneswahrnehmung konzentriert. Es sind grundsätzliche Informationen zur Ernährung, die Zens und Ebel geben. Es sind aber auch Erfassungsinstrumente, wie der Body-Mass-Index oder das Mini Nutritional Assessment, das Malnutrition Universal Screening Tool oder die Eating Behaviour Scale, die sie erläutern. Zens und Ebel unterstreichen aber: „Auch kulturelle und regionale Besonderheiten sind relevant bei der Bestimmung von Vorlieben.“ Damit der verbesserte Blick auf die Ernährung gelingt, haben Zens und Ebel Fragenkataloge und Dokumentationsbögen erarbeitet, die ein solides Pflegeassessment ermöglichen. Die Handreichung „Essbiographie in der Pflege“ ist ein Gewinn für eine bewohner- und patientenorientierte Pflege.

Christoph Müller

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Stich M. Patientengruppen erfolgreich leiten. Köln: Psychiatrie Verlag; 2013. ISBN 978-3-88414-542-5, 142 Seiten, 16,90 Euro (Foto: Psychiatrie Verlag, Balance buch + medien verlag)

Spätestens jetzt müssten die Zeiten vorbei sein, dass psychiatrisch Pflegende sich schwer tun, Gruppenangebote gegenüber Patientinnen und Patienten zu machen. Denn was die Pflegepädagogin Monika Stich mit dem Buch „Patientengruppen erfolgreich leiten“ vorgelegt hat, ermöglicht den Sprung über die Hürde, die psychiatrisch Pflegende in sich spüren. Was noch wichtiger erscheint: Es ist ein Buch, das mit einer großen Erfahrung und einer Menge Selbstbewusstsein geschrieben zu sein scheint.

Die Lektüre der praxisnahen und kurzweiligen Schrift der gelernten Krankenschwester Monika Stich lohnt. Denn Stich stärkt den Rücken für die Arbeit mit psychisch veränderten Menschen. Dies gelingt ihr schon im Vorwort, wo sie unterstreicht: „Psychiatrisch Tätige bringen die besten Voraussetzungen für die Gruppenarbeit mit, die man überhaupt für so eine Tätigkeit haben kann: Sie wollen mit Klienten arbeiten und sind offen für die Menschen mit ihrem facettenreichen Leben. Ihre Haltung ist nicht paternalistisch, sondern auf Partnerschaftlichkeit ausgerichtet.“

Diese Grundhaltung durchzieht die mehr als 140 Seiten des Buchs. Der gemeinsame Weg steht im Vordergrund.

An einer anderen Stelle liest es sich so: „Psychiatrisch Tätige tun gut daran, mit den Klienten gelassen, wenn auch konsequent daran zu arbeiten, neue Verhaltensweisen zu entwickeln, wenn deren Erkenntnis gereift ist, dass die alten Muster nicht (mehr) erfolgreich sind.“ Dies scheint natürlich auch für psychiatrisch Pflegende zu gelten, die Stich mit diesem Buch ermutigt, selbstbewusst Gruppenarbeit durchzuführen. Die klare Systematik des kleinen Handbuchs versucht alles, damit es gelingt.

Im Kapitel „Gruppenangebote und was wir darunter verstehen“ geht es um das erklärende Moment, was Gruppen eigentlich sind. Davon ausgehend geht es um „die Situation der Klienten“. Die Gruppenleitung ist im Fokus des Kapitels „Erfolgreich Gruppen leiten“. Aber es geht natürlich auch um „Planung, Organisation und Vorbereitung“ sowie um den „Umgang mit schwierigen Gruppensituationen“. Stich lässt den Leser nicht mit offenen Fragen alleine, die sich in der pflegerischen Praxis stellen. Sie gibt auf die wichtigsten Fragen verständliche Antworten, die für den psychiatrischen Praktiker auch lebbar und erprobbar sind.

Für Stich ist das Ergebnis der Gruppenarbeit entscheidend. Dies dokumentiert sie mit der Aussage: „Dass in den Gruppenangeboten so viel Hilfreiches passiert, geschieht täglich durch diejenigen, die Gruppen leiten und sich als Katalysatoren verstehen. Das Gefühl „Ich gegen den Rest der Welt“ beim Leiten von Klientengruppen verschwindet mit dem Grad der Zunahme an Gelassenheit. Gelassenheit und Souveränität entstehen nicht aus dem Nichts, können aber durch den Willen, verstehend mit den Menschen umzugehen, erworben werden.“

Christoph Müller

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Koller MM. Statistik – praxisnah und alltagstauglich. Statistik für Pflege- und Gesundheitsberufe Manual. Wien: facultas.wuv; 2014. ISBN 978-3-7089-1076-5, 256 Seiten, broschiert, 19,40 Euro (Foto: facultas.wuv)

Für viele ist Statistik ein notwendiges Übel. Aber ob Fragebogenerstellung, Analyse von Daten oder Fachliteratur für die Fortbildung: Für den Gesundheitsbereich wird diese Disziplin immer wichtiger. Das gilt nicht nur für die Pflegeforschung, sondern auch für den Alltag von Menschen in Gesundheitsberufen.

Welche Daten muss ich erheben, wenn ich einen Fragebogen für eine Kuranstalt erstelle? Für meine Abschlussarbeit muss ich Interviews führen, aber wie werte ich sie am besten aus? Welche Testverfahren sind in welchem Fall sinnvoll und wie funktionieren sie? Und wie arbeite ich mit SPSS?

Leichter zu beantworten werden diese Fragen, wenn man hinter die Fakten blickt und eine Erklärung dafür bekommt, was Statistik überhaupt will. Das Handbuch „Statistik – praxisnah und alltagstauglich“ richtet sich an alle im Gesundheitsbereich Tätigen, aber auch an jene, die ein besonderes Interesse an quantitativer Forschung haben.

Anhand konkreter Themen und realer Zahlen aus der österreichischen Gesundheitsstatistik liefert es das nötige Handwerkszeug, um Ergebnisse zu verstehen und zu analysieren, statistische Methoden selbst anzuwenden und im Alltag sinnvoll damit umzugehen. Es zeigt aber auch, dass Statistik nicht zwangsläufig langweilig und kompliziert sein muss, sondern durchaus auch Spaß machen kann, wenn man sich darauf einlässt.

Quelle: facultas.wuv