Z Gastroenterol 2016; 54(03): 270-271
DOI: 10.1055/s-0042-102917
Der bng informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Versorgungsforschung im bng – Azathioprin-induzierte akute Pankreatitis bei CED

Niels Teich
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 March 2016 (online)

Die „German Inflammatory Bowel Disease Study Group“ (GISG) wurde am 1.10.2009 in Hamburg gegründet. Es ist das Ziel der GISG, allen an CED interessierten Kollegen eine Studienplattform für gemeinsame wissenschaftliche Projekte zu bieten. Dabei initiiert und unterstützt die GISG Studien zur Beantwortung relevanter Fragestellungen auf dem Gebiet der Ursachenforschung, Epidemiologie, Diagnostik und Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Anfang 2016 erscheinen erstmalig die Ergebnisse einer GISG-Studie in einer internationalen Fachzeitschrift. Da diese Studie nur durch die Beteiligung von vielen BNG-Mitgliedern möglich wurde, soll hier kurz darüber berichtet werden.

Problem und Fragestellung: Die akute Pankreatitis ist eine häufig auftretende Komplikation der Therapie mit Azathioprin. Es gab bislang keine prospektiv erhobenen Daten zur Inzidenz und zum Schweregrad. Das wollten wir ändern. Bei vielen Patienten steigt nach Beginn mit Azathioprin die Lipase an – ist das ein gefährlicher Vorbote einer Pankreatitis? Auch auf diese Frage gab es bislang keine sichere Antwort.

Methodik: In 37 GISG-Zentren wurden zwischen November 2011 und März 2014 insgesamt 548 erwachsene Patienten mit CED und erstmalig notwendiger Azathioprin-Verordnung in eine prospektive Kohortenstudie eingeschlossen. Von 510 Patienten lagen bei Studienende vollständige Datensätze vor. Von diesen wurden 374 Patienten in gastroenterologischen Praxen (73,3 %), 90 in Universitätskliniken (17,6 %) und 46 in nicht-universitären Krankenhausambulanzen (9,0 %) behandelt. Zwei Drittel der Patienten hatten einen Morbus Crohn. Zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie wurden demographische und krankheitsspezifische Daten erhoben. Die Abschlussvisite lag zwischen 90 und 180 Tagen nach der ersten Einnahme bzw. zum Zeitpunkt eines nebenwirkungsbedingten Therapieabbruchs. Eine akute Pankreatitis wurde gemäß der Leitlinie der DGVS diagnostiziert, wenn plötzliche Oberbauchschmerzen und eine mindestens dreifach erhöhte Serum-Lipase-Konzentration auftraten. Auch alle fakultativ erhobenen Lipasewerte von wurden erfasst.

Ergebnisse: Bei mehr als einem Drittel der Patienten wurde Azathioprin beendet. Die häufigste Ursache bei 62 Patienten (12,2 %) war Übelkeit. Bei 37 Patienten (7,3 %) trat eine Azathioprin-induzierte akute Pankreatitis auf. Die Lipase war bei diesen Patienten durchschnittlich zehnfach erhöht. Die maximale Höhe des Lipasewertes korrelierte jedoch nicht mit Fieber, Erbrechen oder einem peripankreatischen Ödem. Nur 43 Prozent der Patienten mussten hospitalisiert werden. Der klinische Verlauf erforderte bei keinem Patienten einen chirurgischen oder interventionellen Eingriff; alle Patienten erholten sich ohne Folgeerkrankungen. Aktives Rauchen war der statistisch und zudem auch dosisabhängig eindrucksvollste Risikofaktor einer Azathioprin-induzierten akuten Pankreatitis: Mildes Rauchen erhöhte das Risiko auf 190 Prozent, starkes Rauchen sogar auf 280 Prozent.

Bei fast 25 Prozent aller Patienten war nach Azathioprin-Start mindestens einmalig ein Lipasewert oberhalb des oberen Normbereiches nachweisbar. Es bestand aber kein Unterschied zwischen den Patienten mit oder ohne nachfolgende akute Pankreatitis. Daher scheint ein Lipaseanstieg bei asymptomatischen Patienten kein Prädiktor der Azathioprin-induzierten Pankreatitis zu sein.

Zusammenfassung: Das Risiko einer Azathioprin-bedingten akuten Pankreatitis erwies sich in dieser ersten prospektiven Multicenterstudie höher als bisher angenommen. Der klinische Verlauf war jedoch ausnahmslos mild. Eine serielle Lipasemessung bei asymptomatischen Patienten erlaubte in unserer Studie keine Voraussage des Eintretens einer akuten Pankreatitis und ist daher verzichtbar – auch um eine Verunsicherung von Arzt und Patient zu vermeiden.

Danke! Unser Dank gilt allen Patienten, die bereitwillig an dieser Studie teilnahmen, unseren Studienschwestern und in den Mitarbeitern des KN Darmerkrankungen, für die ich stellvertretend Frau Hinrichs danken möchte. Die Firma Ferring Arzneimittel GmbH ermöglichte die Publikation als „open access“, sodass alle Interessierten Kollegen die Vollpublikation im „Journal of Crohns and Colitis“ selbst nachlesen können.