Laryngorhinootologie 2017; 96(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0042-121779
Referiert und Diskutiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

BAHA-Implantation: Weniger Hautkomplikationen durch lineare Inzision statt Flap

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Publication Date:
08 February 2017 (online)

Roplekar R et al. Has the use of the linear incision reduced skin complications in bone-anchored hearing aid implantation? J Laryngol Otol 2016; 130: 541–544

Der operative Zugang zur Implantation eines knochenverankerten Hörgeräts (Bone Anchored Hearing Aid, BAHA) erfolgt in der Regel durch Präparieren eines zurückklappbaren Hautlappens (Flap) mit Weichgewebeentfernung. Schonender und risikoärmer ist möglicherweise ein linearer Hautschnitt ohne Gewebereduktion, wie eine schottische Studie berichtet.

BAHA ist ein teilimplantierbares Knochenleitungshörgerät. Es wurde von der Arbeitsgruppe um Tjellström in Göteborg, Schweden, entwickelt und erstmals 1977 implantiert. Geeignet ist das Gerät für Patienten, die nicht mit konventionellen Hörhilfen versorgt werden können, z. B. bei chronischer oder rezidivierender Otitis externa oder Ohrmuschelfehlbildungen. Das Implantat ist eine Titanschraube, die durch eine Knochenbohrung hinter dem Ohr verankert wird und der Halterung des Audioprozessors und der Schallübertragung auf den Schädelknochen dient. Auf diese Titanfixierung wird ein Aufsatz oder Pfeiler (Abutment) geschraubt, der durch die Haut nach außen ragt. Daran wird mittels Schnappkupplung der Audioprozessor befestigt. Zugang zum postaurikulären Knochen erhält der Operateur traditionell durch Präparation eines Hautlappens. Die damit einhergehende Entfernung von Weichgewebe und Ausdünnung der Haut geht mit einem erhöhten Risiko für Hautkomplikationen einher. Gewebeschonender ist die seit 2012 von Roplekar et al. durchgeführte Variante, bei der lediglich ein gerader Hautschnitt ohne Weichgewebeentfernung erfolgt. Das Abutment wird in ein mittels Stanzverfahren geschaffenes separates Loch direkt in Höhe der Inzision platziert.

Die Forscher werteten die Daten von 117 BAHA-Implantationen retrospektiv aus. Alle Eingriffe waren am Ninewells Hospital, Dundee, von demselben Operateur durchgeführt worden. Von 1999–2011 wurde der Zugang für die Implantation per Flap (Gruppe 1; n=86) geschaffen, in den Jahren 2012–2013 per linearem Hautschnitt (Gruppe 2; n=31). Beide Gruppen wurden 1 Jahr lang nachbeobachtet und im Hinblick auf Haut- bzw. Wundkomplikationen verglichen.

Komplikationen traten bei 21 Patienten der Flap-Gruppe und bei 3 Patienten der linearen Inzisions-Gruppe auf. Der Unterschied war signifikant (24,4 vs. 9,7%; p<0,05; 95%-KI=0,0800–0,4473). Bei 12 Patienten der Flap-Gruppe kam es zu Hautüberwucherungen, die mit erheblicher Morbidität verbunden sind. Leichtere Komplikationen wie Wundinfektionen oder Taubheitsgefühl traten bei 8 bzw. 1 Patienten auf. In der Vergleichsgruppe beschränkten sich die Komplikationen auf 3 Fälle von Wundinfektionen.

Fazit

Weniger und auch weniger schwere Hautkomplikationen, insbesondere keine Hautüberwucherungen des Implantats, wenn bei der BAHA-Implantation statt der Präparation eines zurückklappbaren Hautlappens mit Gewebereduktion ein gerader Hautschnitt ohne Gewebereduktion erfolgt, so das Ergebnis der aktuellen Untersuchung. Die Autoren plädieren für weitere Studien mit größeren Fallzahlen.

Renate Ronge, Münster

 
  • Literatur

  • 1 Hultcrantz M. Outcome of the bone-anchored hearing aid procedure without skin thinning: a prospective clinical trial. Otol Neurotol 2011; 32: 1134-1139
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  • 5 Holgers KM et al. Soft tissue reactions around percutaneous implants: a clinical study of soft tissue conditions around skin-penetrating titanium implants for bone-anchored hearing aids. Am J Otol 1988; 9: 56-59