Zeitschrift für Palliativmedizin 2017; 18(01): 1-2
DOI: 10.1055/s-0043-100202
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bildung – eine stetige Herausforderung für die Hospiz- und Palliativversorgung

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Publication Date:
25 January 2017 (online)

Auf dem 67. Konvent der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf wurde in einer Resolution vom 24. Mai 2014 festgehalten, dass jeder ernsthaft erkrankte oder sterbende Mensch das Recht auf eine angemessene, qualifizierte und multiprofessionelle Versorgung hat [1]. Darüber hinaus hat die Worldwide Hospice Palliative Care Alliance (WHPCA) festgestellt, dass im Jahr 2015 fast 18 Millionen Menschen weltweit sterben mussten, die unter nicht angemessen behandelten Schmerzen litten [2]. Vor dem Hintergrund des zu erwartenden demografischen Wandels und aufgrund der zunehmend geforderten frühzeitigen Integration von Palliativversorgung wird die Anzahl der Menschen, die diese benötigen, weiter kontinuierlich ansteigen [3].

Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssen alle Akteure im Gesundheitswesen, die schwerstkranke und sterbende Menschen behandeln und begleiten qualifiziert werden, um notwendige Fertigkeiten, Wissen sowie eine entsprechende Haltung und Einstellung zu erwerben, bzw. diese zu überprüfen. Neben der allgemeinen Qualifizierung ist die Weiterbildung und Spezialisierung in einzelnen Berufsfeldern der Hospiz- und Palliativversorgung erforderlich, um Menschen, die in diesem Feld tätig sind, umfassend zu befähigen. Mit ihrer Resolution ruft die WHO unmissverständlich zu einer weltweiten Entwicklung und Förderung von Aus- und Weiterbildung in Palliative Care auf.

In der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) haben sich seit über 20 Jahren verschiedene Berufsgruppen zusammengefunden, um die Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland aufzubauen und weiterzuentwickeln. Die Bemühungen um die Aus-, Fort- und Weiterbildung spielten und spielen dabei eine zentrale Rolle. Im Laufe der Geschichte der Fachgesellschaft wurden zahlreiche Curricula entwickelt, nach denen die Weiterbildungen konzipiert und durchgeführt werden. Eine Koordination und Vernetzung hinsichtlich der Inhalte und didaktischer Konzepte erfolgte jedoch lange Zeit nur unzureichend. Mit der Um- und Neustrukturierung der unterschiedlichen Aktivitäten zu Aus- und Weiterbildung im Dezember 2013 in der AG Bildung der DGP wurden die Verantwortlichkeiten und Aufgaben neu definiert. In drei Fachreferaten (Curricula, Evaluation und Begleitforschung sowie Qualifizierung und Zertifizierung) und mit Unterstützung der Geschäftsstelle konnten neue, alle Berufsgruppen betreffende Aufgaben übernommen werden.

Das Fachreferat Curricula hat die Erarbeitung eines kompetenzbasierten, fachübergreifenden Curriculums für alle in der DGP vereinten Berufsgruppen und Sektionen übernommen. Das Konzept der kompetenzbasierten Beschreibung der zu vermittelnden Bildungsinhalte eröffnet nun ein universelleres und auch kontextunabhängigeres Vorgehen, anders als die bisherige Beschreibung von Lerninhalten und Lernzielen. Neben der Beschreibung von Fach- (Wissen und Fertigkeiten) und Personeller- (Sozial und Selbst) Kompetenz im Kontrast zu den bisher beschriebenen Inhalten Wissen, Fertigkeiten und Haltung, lässt die kompetenzbasierte Beschreibung auch Raum für eigene und strukturelle Weiterentwicklung im Sinne eines lebenslangen Bildungs- und Entwicklungsprozesses.

Unter der Integration der Beschreibung von Kernkompetenzen der europäischen Fachgesellschaft (EAPC) und europäischer wie nationaler Kompetenzdefinitionen in Anlehnung an den deutschen Qualifikationsrahmen des BMBF und der ständigen Kultusministerkonferenz konnte eine Matrix für die Beschreibung eines fachübergreifenden Curriculums erarbeitet werden [4].

Der von der WHO formulierte Appell an Förderung von Bildungsmaßnahmen im hospizlich-palliativen Bereich wird in den gerade veröffentlichten Handlungsempfehlungen im Rahmen einer Nationalen Strategie der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen im Leitsatz 3 (Anforderungen an die Aus-, Weiter- und Fortbildung) übernommen.

Während sich die DGP primär in der Entwicklung von Curricula auf Mitarbeitende in der Hospiz- und Palliativversorgung konzentriert hat, ist die Arbeitsgruppe zu Leitsatz 3 im Charta-Prozess davon ausgegangen, dass es neben den direkt in der Palliativversorgung Tätigen in weiteren sehr unterschiedlichen Arbeitsfeldern und damit Berufsgruppen zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit den Themen Sterben und Tod kommt. Oftmals ist hierbei nicht die gesamte Berufsgruppe, sondern nur einzelne Kontaktpersonen dieser Berufe betroffen, wie zum Beispiel Reinigungskräfte im Gesundheitswesen, Mitarbeitende in Beratungsstellen, gesetzliche Betreuerinnen und gesetzliche Betreuer, die mit den Themen Sterben und Tod verstärkt konfrontiert werden [5]. Alle Akteure, die an der Behandlung schwerstkranker und sterbender Menschen unmittelbar beteiligt sind und verstärkt mit den Themen Sterben und Tod konfrontiert sind, benötigen ein ihrem Arbeitsbezug entsprechendes Qualifizierungsangebot, das bundesweit vergleichbar ist und die unterschiedlichen Kompetenzgrade berücksichtigt. Hierzu wurde im Rahmen der Nationalen Strategie im Charta-Prozess eine Matrix zur Erstellung von Curricula für die Berufsausbildung aller Tätigen im Gesundheitswesen entwickelt.

So konnte die vom DGP-Fachreferat erarbeitete Systematik, die zunächst als Matrix für die berufliche Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Hospizarbeit und Palliativversorgung beschrieben wurde, im Rahmen der Nationalen Strategie Verwendung finden, um eine kongruente Sprache und Entwicklung zu ermöglichen.

Die Umsetzung der Bildungsqualität, wie sie in der Nationalen Strategie festgelegt wurde, ist nun die weitere Aufgabe aller Akteure im Gesundheitswesen, die an der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen beteiligt sind. Dies schließt die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der Inhalte und didaktischer Methoden sowie eine wissenschaftliche Evaluation ein. Eine große Aufgabe und Herausforderung, bei der die DGP weiterhin ein Motor sein wird.

Dorothee Becker
AG Bildung

Frank Elsner
AG Bildung

Torsten Kamp
AG Bildung

Franziska Kopitzsch
Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen