Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(06): 450-451
DOI: 10.1055/s-0043-102770
Facharztfragen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Cushing-Syndrom

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Publication Date:
22 March 2017 (online)

Eine 53-jährige Patientin kommt zu Ihnen und klagt über eine Gewichtszunahme während der letzten Monate, die ganz erheblich sei. Sie meint, irgendetwas sei mit ihren Drüsen nicht in Ordnung. Kann da was dran sein?
Antwort

Ja, natürlich ist insbesondere an das Cushing-Syndrom sowie an eine Hypothyreose zu denken. Die häufigste Ursache ist jedoch eine Überernährung bei genetischer Prädisposition.

Kommentar

Ursachen der Adipositas:

  • primäre Adipositas:

    • Überernährung bei genetischer Prädisposition zur Adipositas

  • sekundäre Adipositas:

    • endokrinologische Erkrankungen: Cushing-Syndrom, Hypothyreose, endogener Hyperinsulinismus

    • zentrale Ursachen: Hirntumoren

Welche Symptome und Befunde lassen Sie an ein Cushing-Syndrom denken?
Antwort

Eine rasch aufgetretene Gewichtszunahme sowie die typische Fettverteilung.

Kommentar

Adipositas bei Morbus Cushing:

  • Stammfettsucht

  • Stiernacken

  • Vollmondgesicht

  • schlanke Extremitäten

Welche weiteren Befunde können Sie bei der körperlichen Untersuchung erwarten?
Antwort

Neben der Adipositas stehen Hautveränderungen im Vordergrund, insbesondere Striae rubrae sowie eine Akne. Bei Frauen besteht zusätzlich Hirsutismus.

Kommentar

Körperlicher Untersuchungsbefund bei Cushing-Syndrom:

  • typische Fettverteilung

  • Hautveränderungen: Akne, Furunkel, Striae rubrae

  • Muskulatur: Muskelatrophie, Adynamie

  • Herz-Kreislauf-System: Hypertonie

  • Hirsutismus bei Frauen

Die Frau bietet aus Ihrer Sicht das typische Bild eines Cushing-Syndroms. Wie sichern Sie die Diagnose?
Antwort

Zunächst muss der Hyperkortisolismus ausgeschlossen oder nachgewiesen werden. Dies geschieht durch Bestimmung des Serumkortisols morgens und abends sowie die Bestimmung des freien Kortisols im 24-Stunden-Urin. Sicherer ist der Dexamethasonhemmtest.

Kommentar

Diagnose des Hyperkortisolismus:

  • 24-Stunden-Urin:

    • freies Kortisol

  • Serumkortisol morgens und abends:

    • bei Hyperkortisolismus Aufhebung der zirkadianen Rhythmik

  • Dexamethasonkurztest:

    • Einnahme von 2 mg Dexamethason um ca. 24 Uhr

    • Bestimmung des Serumkortisols um 8 Uhr morgens

    • Eine Suppression des Serumkortisols unter 3 µg/dl schließt einen Hyperkortisolismus aus.

Sie haben bei der Patientin einen Hyperkortisolismus diagnostiziert. An welche Ursachen müssen Sie denken?
Antwort

Häufigste Ursache des endogenen Hyperkortisolismus ist der ACTH-abhängige Hyperkortisolismus, differenzialdiagnostisch muss er abgegrenzt werden vom ACTH-unabhängigen Hyperkortisolismus sowie vom iatrogenen Cushing-Syndrom.

Kommentar

Ursachen des endogenen Hyperkortisolismus:

  • ACTH-abhängig:

    • ACTH-produzierendes Hypophysenadenom (zentrales Cushing-Syndrom): 70 %

    • ektope ACTH-Produktion: 10 %

    • ektope CRH-Produktion

  • ACTH-unabhängig:

    • Nebennierenrindenadenom: 20 %

    • Nebennierenrindenkarzinom

    • bilaterale, mikronoduläre Nebennierenrindenhyperplasie

Bei welchen Erkrankungen können Sie eine ektope ACTH-Produktion erwarten?
Antwort

Bei Karzinomen, beim Karzinoid u. a.

Kommentar

Ektope ACTH-Produktion:

  • kleinzelliges Bronchialkarzinom

  • medulläres Schilddrüsenkarzinom

  • Karzinoid

  • Phäochromozytom

Wie gehen Sie vor, wenn Sie den Hyperkortisolismus nachgewiesen haben?
Antwort

Es folgt die Ursachensuche, d. h. zunächst Abgrenzung eines ACTH-abhängigen von einem ACTH-unabhängigen Cushing-Syndrom. Dies geschieht durch die Bestimmung des Plasma-ACTH, durch den CRH-Test sowie den hoch dosierten Dexamethasonhemmtest.

Kommentar

Diagnostik zur Abgrenzung des ACTH-abhängigen vom ACTH-unabhängigen Hyperkortisolismus:

  • ACTH-Bestimmung im Plasma

  • ACTH-Bestimmung im Plasma nach Stimulation mit CRH

  • hoch dosierter Dexamethasonhemmtest:

    • Dexamethason 8 mg um 24 Uhr über 2 Tage, dann Bestimmung des Serumkortisols

    • Bei zentralem Cushing-Syndrom kommt es zu einer Suppression des Serumkortisols um mehr als 50 %.

    • Bei adrenalem Cushing-Syndrom und bei ektoper ACTH-Sekretion bleibt diese Suppression aus.

Differenzierung zwischen zentralem Cushing-Syndrom, adrenalem Cushing-Syndrom und Cushing-Syndrom bei ektoper ACTH-Produktion:

  • zentrales Cushing-Syndrom:

    • ACTH im Plasma erhöht

    • Anstieg von ACTH nach Gabe von CRH

    • Suppression des Serumkortisols im Dexamethasonhemmtest

  • adrenales Cushing-Syndrom:

    • ACTH im Plasma erniedrigt

    • fehlender ACTH-Anstieg nach Gabe von CRH

    • fehlende Kortisolsuppression im Dexamethasonhemmtest

  • ektope ACTH-Produktion:

    • ACTH im Plasma erhöht

    • fehlender Anstieg von ACTH im CRH-Test

    • fehlende Kortisolsuppression im Dexamethasonhemmtest

Sie haben bei der Patientin folgende Konstellation: ACTH im Plasma erniedrigt, nach CRH-Gabe kein ACTH-Anstieg und im Dexamethasonhemmtest ausbleibende Kortisolsuppression. Was liegt vor und was machen Sie als Nächstes?
Antwort

Es liegt ein adrenales Cushing-Syndrom vor und jetzt muss eine Lokalisationsdiagnostik durchgeführt werden.

Kommentar

Lokalisationsdiagnostik bei adrenalem Cushing-Syndrom:

  • Sonografie

  • MRT

  • Szintigrafie

  • Angiografie

Zur Wiederholung: Welche Konstellation würden Sie bei einem zentralen Cushing-Syndrom erwarten und wie würden Sie dann diagnostisch weitermachen?
Antwort

Die Konstellation wäre: ACTH im Plasma erhöht, weiterer Anstieg von ATCH nach CRH, Kortisolsuppression im Dexamethasonhemmtest. Dann muss sich auch hier die Lokalisationsdiagnostik anschließen.

Kommentar

Lokalisationsdiagnostik beim zentralen Cushing-Syndrom:

  • MRT (Cave: die Sensitivität liegt wegen der häufig kleinen Hypophysenadenome nur bei etwa 60 – 80 %)

  • CT

Und jetzt noch einmal zum Abschluss: Welche Konstellation erwarten Sie bei einer ektopen ACTH-Produktion?
Antwort

ACTH im Plasma stark erhöht, im Unterschied zum zentralen Cushing jedoch kein weiterer Anstieg nach CRH-Gabe und kein Kortisolabfall im Dexamethasonhemmtest.

Kommentar

Das Charakteristikum bei ektoper ACTH-Produktion ist das primär hohe ACTH im Plasma mit ausbleibendem weiteren Anstieg nach CRH und natürlich die fehlende Kortisolsuppression im Dexamethasonhemmtest.

Wie wird ein zentrales Cushing-Syndrom behandelt?
Antwort

Therapie der Wahl ist die transsphenoidale operative Entfernung des Adenoms.

Kommentar

Therapiemöglichkeiten bei zentralem Cushing-Syndrom:

  • Operation:

    • transsphenoidaler Zugang

  • bei ausbleibendem Erfolg:

    • Bestrahlung der Hypophyse

  • Ultima Ratio:

    • beidseitige Adrenalektomie

    • lebenslange Glukokortikoidsubstitution erforderlich

    • Entstehung eines Nelson-Tumors (invasiv wachsender Tumor) in 20 %

Worin besteht die Therapie des adrenalen Cushing-Syndroms?
Antwort

Operative Adrenalektomie.

Kommentar

Adrenalektomie:

  • anschließend zunächst Substitution mit Glukokortikoiden

  • Dauer ca. 1 – 2 Jahre

Wie können Sie Patienten mit ektoper ACTH-Produktion helfen?
Antwort

Wenn die Grundkrankheit nicht behandelbar ist, durch medikamentöse Blockade der Kortisolsynthese.

Kommentar

Medikamentöse Behandlung bei paraneoplastischer ektoper ACTH-Produktion:

  • Ketoconazol

  • Metyrapon

Nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte

Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete Auflage 2017

ISBN 9783131359551