Z Gastroenterol 2017; 55(04): 417-418
DOI: 10.1055/s-0043-105806
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Gastroenterologe als Berufung

Christoph Schmidt
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Publication Date:
20 April 2017 (online)

Wie in vielen Bereichen ist auch die Medizin ein Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen und das Berufsbild unterliegt damit einem ständigen Wandel. Zunehmend beherrschen ökonomische und betriebswirtschaftliche Überlegungen unser Handeln, teilweise werden wir auch dazu gezwungen, unsere Aktivitäten daran zu orientieren und auszurichten.

Dies wird auch jungen Ärztegenerationen früh vermittelt, die sich auf diese Gegebenheiten einstellen, die dann selbstverständlich werden. Teilweise ist eine „Industrialisierung“ zu beobachten, bei der Gewinne und Renditen der betreibenden Gesellschaften im Vordergrund stehen. Hinzu kommen veränderte Lebensmodelle, in denen der Beruf eine andere Bedeutung und Stellenwert in der eigenen Lebensplanung hat. So wird der ärztliche Beruf manchmal zu einer Tätigkeit, die mit anderen Berufen vergleich- und austauschbar zu sein scheint.

Gerade in hoch technisierten Bereichen wie der Gastroenterologie besteht dann die Gefahr, dass sich alles auf die Erbringung von technischen Leistungen konzentriert und das Ziel ist, diese in technischer Perfektion zu erbringen. Dies wird auch von Patientinnen und Patienten inzwischen erwartet und eingefordert. Die gestellten Ansprüche sind manchmal hoch und unerfüllbar.

Aber gerade in einem Versorgungsbereich, in dem viele technische Leistungen erbracht werden, ist es wichtig, die Medizin menschlich zu machen. Auch unter Berücksichtigung aller Leitlinien, Vorschriften, Empfehlungen und ökonomischen Zwänge darf nie vergessen werden, dass der Beruf des Arztes an jeden von uns besondere Anforderungen stellt. Es geht nicht allein darum, medizinische Leistungen mit höchster Präzision und Perfektion zu erbringen, sondern immer zu bedenken, dass der behandelte Patient sich uns anvertraut, sein Schicksal in unsere Hände legt und Heilung oder zumindest Hilfe und Unterstützung erwartet und erhofft.

Diesem Anspruch müssen wir versuchen gerecht zu werden, unsere hohe Verantwortung, die es in kaum einem anderen Beruf so gibt, müssen wir tragen und ernst nehmen. Arzt sein bedeutet nicht allein, Endoskopien und andere technische Leistungen zu erbringen, sondern dem anvertrauten Patienten mit Empathie zu begegnen, ihn mit seinen Beschwerden und Leiden ernst zu nehmen, ihm das Gefühl des Umsorgens zu geben und unser Wissen dazu zu nutzen, ihm zu helfen, seine Leiden zu heilen oder zu lindern und Lebensqualität zurückzugeben. Deshalb hat der Arztberuf auch etwas mit Berufung zu tun, die unverzichtbar ist, wenn wir gute Ärzte sein wollen.

Dazu gehört gerade auch in der Gastroenterologie, dass wir nicht nur Diagnostik betreiben und Auftragsleistungen erfüllen, sondern Patientinnen und Patienten mit chronischen Leiden behandeln und über Jahre ärztlich begleiten. Dies erfordert Engagement, umfassenden Einsatz in unserem Beruf und oft auch die Bereitschaft zu persönlichem Verzicht, um die Aufgabe, die wir mit diesem Beruf angenommen haben, zu erfüllen.

Gerade als niedergelassener Gastroenterologe hat man dann Möglichkeiten, das Arbeitsfeld so zu gestalten und zu strukturieren, dass dies möglich und umsetzbar ist. Die Selbstständigkeit bietet trotz ihrer äußeren Rahmenbedingungen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen, unsere Ziele und Ideale umzusetzen zum Nutzen und Wohle der Patientinnen und Patienten. Das setzt voraus, dass wir uns unserer Verantwortung und unserer Möglichkeiten bewusst sind und dies auch den nachfolgenden Generationen vermitteln und an diese weitergeben. Nur wenn uns dies gelingt, werden wir auch in Zukunft erfolgreich sein und das Vertrauen verdienen, das man uns entgegenbringt. Es scheint notwendig, das Besondere unseres Berufes wieder mehr wahrzunehmen, zu verinnerlichen und uns vermehrt auf diese Verantwortung zu konzentrieren.

PD Dr. Christoph Schmidt (Sprecher der Fachgruppe Darmkrebszentren im bng)