Krankenhauspsychiatrie 2004; 15(4): 145
DOI: 10.1055/s-2004-830162
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gutes tun - und darüber reden

Do Good Deeds - And Talk About itM. Dose
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Publication Date:
10 December 2004 (online)

Nach U. H. Henriks „Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie” befasst sich die psychosomatische Medizin mit solchen Körperstörungen, die als Folge gegenwärtiger oder früherer emotionaler Konflikte aufgefasst werden können, so dass im weiteren Sinn jede Krankheit als „psychosomatisch” aufgefasst werden kann, bei der psychische Einflüsse auf körperliche Krankheit, Syndrome oder Symptome erkennbar sind.

Abb. 1 Prof. Dr. med. Matthias Dose

Analysiert man demgegenüber das Spektrum psychischer Störungen, das in den - meist landschaftlich reizvoll (wenn auch nicht gerade „gemeindenah”) gelegenen, in privater Trägerschaft architektonisch ansprechend gestalteten - „psychosomatischen Kliniken” behandelt wird, so zeigt sich, dass 97,3 % der 8390 in den Jahren 2001/2002 in 11 Einrichtungen stationär behandelten Patienten an Störungen aus dem Fachgebiet Psychiatrie/Psychotherapie (darunter fast 50 % depressive Störungen) litten. Umgekehrt ist bis in Fachkreise nahezu unbekannt (oder unbeachtet), dass die „Fachkliniken (oder -Abteilungen) für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin” heutzutage sowohl über störungs- (z. B. Depressions-) wie therapiespezifische (Psychotherapiestationen) verfügen, die qualitativ gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten anbieten. Dies belegt eindrucksvoll eine an den bayerischen Fachkrankenhäusern und -abteilungen für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin/Psychosomatik durchgeführte Untersuchung.

Nach - mit Vertretern des zuständigen Sozialministeriums und der Krankenkassen - gemeinsam abgestimmten Qualitätskriterien ergab sich, dass neben 18 kommunalen bzw. privaten Kliniken, 22 Bezirkskrankenhäuser insgesamt 2227 voll- bzw. teilstationäre Akutbehandlungsplätze im Bereich Psychotherapie und Psychosomatik anbieten, von denen 1217 auf die Bezirkskrankenhäuser entfallen. Ein Pfund, mit dem gewuchert werden sollte, denn eine psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung im regional zuständigen Fachkrankenhaus bietet durch ihre Gemeindenähe in Verbindung mit Institutsambulanzen den Vorteil ambulanter Vor- und Nachbehandlungen. Vor diesem Hintergrund sollten wir unsere Bemühungen verstärken, das „psychosomatisch-psychotherapeutische” Leistungsspektrum unserer Fachkrankenhäuser und -abteilungen sowohl in Fachkreisen wie auch bei den Betroffenen bekannt zu machen. Die bestgemeinte „Anti-Stigma-Kampagne” hilft der Psychiatrie nicht weiter, wenn durch die institutionelle Spaltung „psychiatrischer” vs. „psychotherapeutischer” Medizin die Kluft zwischen „psychisch Kranken” und - was eigentlich? - „weniger psychisch, psychosomatisch Kranken” (?) vertieft würde. Mit der Schaffung psychotherapeutischer und Depressionsstationen, mit der Qualifizierung der (neben Ärztinnen/Ärzten, Psychologinnen/Psychologen) Mitarbeiter/innen verschiedenster Berufsgruppen zur psychotherapeutischen Beziehungsarbeit bestehen beste Voraussetzungen, sich auf dem Gebiet der psychotherapeutisch/psychosomatischen Medizin selbstbewusst neben anderen „Anbietern” zu behaupten. Deshalb ist es Zeit, darüber auch zu reden(Abb. [1]).

Prof. Dr. med. Matthias Dose

Bezirkskrankenhaus Taufkirchen · Abteilung Psychiatrie

Bräuhausstr. 5

84416 Taufkirchen

Email: m.dose@bkh-taufkirchen.de

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