Aktuelle Neurologie 2007; 34(3): 133
DOI: 10.1055/s-2006-952045
Editorial
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Hammerexamen: programmiertes Chaos

Hammer Examinations: Programmed ChaosH.  C.  Diener
  • 1Neurologische Universitätsklinik Essen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. April 2007 (online)

Prof. Dr. H.-C. Diener

Im Oktober 2006 fanden erstmalig die ärztlichen Prüfungen nach der neuen Approbationsordnung (AO) statt. Nach der alten Approbationsordnung waren zwei schriftliche Prüfungen im klinischen Abschnitt vorgesehen, davon eine am Ende der 6. klinischen Semesters, gefolgt von einer mündlichen Prüfung am Ende des praktischen Jahres (PJs). Dies war ein sehr praktikables Modell, da die Studenten Zeit hatten, bis zum Ende der Vorlesungen und Praktika ihre theoretischen Kenntnisse zu erwerben und das Ganze zu wiederholen und dann bei der schriftlichen Prüfung vorzuhalten. Es machte auch Sinn, die mündliche Prüfung nach dem praktischen Teil zu absolvieren.

Die Prüfung nach der neuen Approbationsordnung hat, wie übrigens von fast allen Hochschullehrern vorausgesagt, das erwartete Chaos bewirkt. Die Prüfungsresultate sind deutlich schlechter als früher und die Rate der Durchgefallenen fast dreimal so hoch wie früher, was auch einfach zu erklären ist. Die Studenten sollen ja im praktischen Jahr praktische Kenntnisse erwerben und nicht noch mal den gesamten Inhalt des Studiums wiederholen. Die neue Prüfung sieht nämlich die schriftliche Prüfung am Ende des PJs vor, gefolgt von einer zweitägigen mündlichen Prüfung. Ich selbst habe noch zu einer Zeit studiert, in der das Staatsexamen wie in der neuen AO am Ende des klinischen Abschnitts lag. Damals wurde auch der Inhalt des gesamten klinischen Studienteils in 16 Einzelprüfungen abgefragt. Wir haben damals als Studenten erreicht, dass die Prüfung in 3 Teile geteilt wurde: ein Teil schriftlich nach dem 2. klinischen Semester, ein Teil nach dem klinischen Studienabschnitt sowohl schriftlich wie mündlich und ein Teil mündlich nach dem PJ. Mit der neuen AO sind wir wieder an einem Punkt angelangt, bei dem bereits in der 70er-Jahren evident war, dass ein solches Hammerexamen keinen Sinn macht.

Die mündliche Prüfung ist für alle Dekanate und Sekretärinnen ein Alptraum. Diese Prüfung findet nämlich an zwei aufeinander folgenden Tagen statt, und die einzelnen Dekanate müssen vier Professorinnen und Professoren an zwei aufeinander folgenden Tagen für einen Zeitraum von jeweils mindestens 4 Stunden zu einer Prüfungsgruppe koordinieren. Dies ist in dem üblichen Zeitrahmen, in dem Prüfungen stattfinden, fast unmöglich.

Die neue Approbationsordnung ist ein gutes Beispiel dafür, dass Entscheidungen am „grünen Tisch” von Leuten gefällt werden, die selber nie Medizin studiert haben und auch keine Medizinstudenten unterrichten. Ich bin derselben Meinung wie die Medizinstudenten, die eine entsprechende Petition an den Bundestag gerichtet haben: diese Approbationsordnung muss dringend wieder geändert werden, und es müssen die Prüfungen in der Form durchgeführt werden, wie es bei der alten Approbationsordnung der Fall war.

Prof. Dr. med. H. C. Diener

Neurologische Universitätsklinik Essen

Hufelandstr. 55

45147 Essen

eMail: h.diener@uni-essen.de

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