Rofo 1999; 170(1): 7-15
DOI: 10.1055/s-2007-1011000
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Rechte und Pflichten des Radiologen bei der Indikationsstellung und Anwendung radiologischer Verfahren

Rights and responsibilities of the radiologist in diagnosis with and use of radiological proceduresK. Schunk
  • Klinik und Poliklinik für Radiologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Direktor: Prof. Dr. M. Thelen)
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Publication History

Publication Date:
20 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Eine röntgendiagnostische Untersuchung bzw. eine radiologischinterventionelle Therapie ist ein ärztlicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Patienten, der nur dann nicht als tatbestandliche Körperverletzung gilt, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, der Patient nach der entsprechenden Aufklärung seine Einwilligung erklärt und der Eingriff sachgerecht nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Der Radiologe hat unter der Prüfung möglicher Kontraindikationen eine radiologische Indikationsprüfung vorzunehmen, d.h. er entscheidet, ob sich die klinische Fragestellung mit der angeforderten bzw. angeordneten Röntgenuntersuchung beantworten läßt. Die Indikationsstellung ist um so kritischer zu sehen, je größer das Risiko für eine mögliche Komplikation ist. Eine radiologische Diagnostik, die mit dem Einsatz von Röntgenstrahlen verbunden ist, darf nur dann angewendet werden, wenn sich aus ihr therapeutische Konsequenzen ergeben. Je dringlicher die Indikation ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Aufklärung und Einwilligung und umgekehrt; aus diesem Grund werden an die Aufklärung für rein diagnostische Eingriffe ohne therapeutischen Eigenwert besonders hohe Anforderungen gestellt. Die Einwilligung des Patienten ist nur dann rechtswirksam, wenn der Patient fristgerecht über Ziel, Tragweite, Notwendigkeit und Dringlichkeit, Art, Verlauf und Alternativen einer ärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahme sowie damit verbundene Risiken ausführlich aufgeklärt wurde. Alle Risiken, aufgrund derer ein mündiger Patient seine Entscheidung bezüglich Ablehnung oder Zustimmung einer bestimmten ärztlichen Maßnahme trifft, gelten als wesentlich und damit aufklärungspflichtig. Die Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme muß von dem Patienten vor dem Eingriff erklärt worden sein und zum Zeitpunkt des Eingriffes noch uneingeschränkt bestehen; sie deckt nur solche Eingriffe ab, die Gegenstand des Aufklärungsgespräches gewesen sind. Das Vorgehen eines Radiologen muß sich nach dem Untersuchungsbzw. Behandlungsstandard, der von einem gewissenhaften und umsichtigen Radiologen mit einem durchschnittlichen Ausmaß an Wissen, Sorgfalt und Aufwand unter gleichen oder ähnlichen Umständen erwartet werden darf, richten. Für einen Kunstfehlerprozeß sind vier Elemente obligat: 1. Der Kläger muß eine juristische Beziehung zu dem beklagten Arzt nachweisen, die diesen zu einer Sorgfaltspflicht verpflichtet. 2. Der Kläger muß den Verstoß des Arztes gegen den etablierten Verfahrensstandard nachweisen. 3. Der Kläger muß eine dokumentierte Schädigung nachweisen. 4. Der unmittelbare kausale Zusammenhang zwischen dem ärztlichen Fehlverhalten und der Schädigung muß nachgewiesen werden. Die Mitteilung einer Diagnose ist genauso wichtig wie die Diagnosestellung selbst; die Verantwortung für die Konsequenz pathologischer radiologischer Befunde liegt beim Radiologen.

Summary

A radiological examination or an interventional procedure is a medical invasion of the patient's freedom and does not constitute an offense of causing bodily harm there is a medical indication, when the patient has given consent after being adequately informed, and the intervention is carried out in accord with the valid rules of medical conduct. During the assessment of possible contraindications, the radiologist must also evaluate the indicationy, i.e., he or she must decide if the medical question can be answered by the requested radiological examination. The indication must be viewed the more critically the greater the risk for a complication is. A radiological diagnosis with the use of x-rays may only be employed when it will furnish information with therapeutic consequences. The more urgent the indication, the less strict are the requirements for informed consent and agreement, and vice versa. Thus, the information need for a purely diagnostic procedure without any direct therapeutic value is particularly high. The consent of the patient is only legally binding when he has been informed in advance of the objectives, extent, necessity and urgency, type, procedures, and alternatives of a medical investigation or therapeutic intervention and also of the accompanying risks. All risks on the basis of which a responsible patient can make the decision to consent or to reject a specific medical intervention are to be considered as relevant and must be explained appropriately.

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