Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2007; 39(1): 37-38
DOI: 10.1055/s-2007-968073
Praxis
Das Interview
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Da die Ausschlusskriterien einer Lungenlasertherapie sehr gering sind, ist diese Methode bei einer Reihe von Patienten einsetzbar

Behandlung von Lungentumoren mit perkutaner LaserungUnsere Gesprächspartner: Prof. Dr. Norbert Hosten, Prof. Dr. Albrecht Stier
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Publication Date:
22 March 2007 (online)

Prof. Dr. Norbert Hosten

Prof. Hosten: Medizinstudium an der FU Berlin; 1994 Habilitation für das Fach Diagnostische Radiologie; seit 2001 Direktor des Instituts für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie; führt seit 1998 Laserablationen von Lebermetastasen, seit 2001 von Lungenmetastasen und primären Lungentumoren durch.

Prof. Dr. Albrecht Stier

Prof. Stier: Medizinstudium in Göttingen; Weiterbildung für Viszeral-, Thorax- und Intensivmedizin an der TU München, Klinikum rechts der Isar; seit 2001 leitender Oberarzt der Chirurgischen Universitätsklinik Greifswald.

DZO:

In Deutschland behandeln Sie seit mehr als sechs Jahren Lungentumore mittels Überwärmung durch Lasertechnologie. Bei welchen Patienten ist eine perkutane Laserbehandlung Ihrer Meinung nach angezeigt? Und: Halten Sie eine Laserung von Lungenmetastasen anderer Primärtumore ebenfalls für sinnvoll?

Prof. Stier:

Kann einem Patient aus funktionellen Gründen - Lungenfunktionseinschränkung, risikobehaftete Begleiterkrankungen, Alter - eine Operation nicht mehr zugemutet werden, muss die Möglichkeit einer Laserablation diskutiert werden. Das gilt sowohl für Patienten mit Lungenmetastasen als auch für solche - funktionell inoperablen - Patienten, die bei einem primären Lungenkarzinom nach Ansicht der Onkologen durch die Alternative einer Radiochemotherapie erheblichen Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen ausgesetzt wären.

DZO:

Wie sieht der genaue Ablauf einer Laserbehandlung für den Patienten aus? Wie kontrollieren Sie den Behandlungserfolg?

Prof. Hosten:

Die Laserbehandlung wird unter tiefer Sedierung und Lokalanästhesie durchgeführt. Unter CT-Kontrolle führen wir 1 oder 2 Teflonapplikatoren mit der Laserfaser in die Lungenrundherde ein. Die eigentliche Thermoablation dauert etwa 10 - 15 Minuten. Behandelte Lungenrundherde sind an der verminderten Perfusion erkennbar. Wir führen eine Computertomographie mit Kontrastmittelgabe durch, um diese zu erkennen.

DZO:

Wie schätzen Sie die Nebenwirkungsrate dieser Therapieform ein?

Prof. Hosten:

Die Nebenwirkungsrate der perkutanen Thermoablation entspricht im Großen und Ganzen derjenigen, die wir bei der perkutanen Biopsie zur Liquiditätsbestimmung von Lungenrundherden beobachten. Im Wesentlichen beobachten wir Pneumothoraces und kleine Einblutungen in das Lungengewebe. „Major”-Komplikationen, d.h. solche die eine Maßnahme erforderlich machen, liegen im unteren einstelligen Prozentbereich.

DZO:

Wie hat sich Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren die Behandlung von Lungentumoren gewandelt? Sind inzwischen auch Langzeitergebnisse dieser Behandlungsmethode bekannt?

Prof. Stier:

Es gilt nach wie vor das Primat der chirurgischen Behandlung von Lungentumoren. Leider sind jedoch noch immer die überwiegende Anzahl der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits nicht mehr kurativ resezierbar. Für die meisten dieser Patienten bleibt nur der Weg der Radio- und/oder Chemotherapie offen. Ein Teil dieser Patienten kann an Zentren auch durch die Thermoablation behandelt werden. Diese Methode ist allerdings noch zu innovativ, als dass Langzeitergebnisse bisher publiziert werden konnten. Allerdings wird die Arbeitsgruppe von Professor Hosten bald über erste Langzeitdaten berichten können.

DZO:

Welche Vorraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Laserbehandlung durchzuführen? Wann ist eine Behandlung nicht mehr möglich?

Prof. Stier:

Zunächst muss der oder die Tumoren einer transthorakalen Punktion anatomisch-technisch zugänglich sein. Dabei müssen die zu therapierenden Rundherde nicht ausschließlich in der Peripherie der Lunge liegen. Auch zentrale Tumoren in enger Lagebeziehung zu den Pulmonalgefäßen sind gut therapierbar. In jedem Fall sollte der Tumor histologisch gesichert sein. Nach unseren Erfahrungen muss eine emphysematisch veränderte Lunge keine Kontraindikation darstellen, wohl aber das Vorhandensein von Gerinnungsstörungen.

DZO:

Was empfehlen Sie Patienten mit Lungentumoren, bei denen eine Laserung nicht möglich ist? Welchen Stellenwert messen Sie in diesen Fällen z.B. der lokoregionären Hyperthermie bei?

Prof. Stier:

Da die Ausschlusskriterien einer Lungenlasertherapie sehr gering sind, ist diese Methode bei einer Reihe von Patienten einsetzbar, immer vorausgesetzt, dass die Therapie onkologisch sinnvoll ist. Daher sollten die Patienten erst nach Vorstellung in einem interdisziplinären Tumorboard behandelt werden. Zur regionalen Hyperthermie an der Lunge liegen noch keine validen Daten vor.

DZO:

Wie sieht es mit der Kostenübernahme einer Laserung aus?

Prof. Hosten:

In der Regel erfolgt eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen im Rahmen eines stationären Aufenthaltes.

DZO:

Wie sehen Sie den Vergleich der Behandlungserfolge zwischen den beiden konkurrierenden Therapiemethoden Radiofrequenzablation und Laserung?

Prof. Stier:

Das sind zunächst konkurrierende Verfahren, die wahrscheinlich an keiner Klinik gleichzeitig vorgehalten werden. Die Erfahrung der einzelnen Zentren im Umgang mit den hochspezialisierten Methoden ist sicher von entscheidender Bedeutung. Für die Laserablation sprechen von methodischer Seite zwei Dinge: Man muss nicht wie bei der RFA zwei (bipolare) Sonden verwenden - und die Gewebetransmission des Laserlichts ist für die Lunge aufgrund ihrer Parenchymstruktur von „luftgefüllten Räumen” ideal.

DZO:

Was halten Sie neben dieser minimal-invasiven Therapie noch für wichtig, um das Therapieansprechen zu verbessern?

Prof. Hosten:

Um das Therapieansprechen zu verbessern, arbeiten wir wissenschaftlich daran, die Effektivität der Lasertherapie durch Gabe von lokal wirksamen tumoriziden Substanzen zu verbessern.

DZO:

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was tun Sie für sich, um gesund zu bleiben?

Prof. Hosten:

Mäßigung und körperliche Bewegung.

Prof. Stier:

Regelmäßige Bewegung an frischer Seeluft.

Herr Prof. Stier, Herr Prof. Hosten, vielen Dank für das Gespräch.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Norbert Hosten

Direktor des Instituts für Diagnostische
Radiologie und Neuroradiologie
Universitätsklinikum Greifswald

Ferdinand-Sauerbruch-Straße

17475 Greifswald

Prof. Dr. med. Albrecht Stier

Leitender Oberarzt
Chirurgische Universitätsklinik
Abteilung für Allgemeine, Viszeral-,
Thorax- und Gefäßchirurgie

Friedrich-Loeffler-Straße 23b

17475 Greifswald

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