Sportverletz Sportschaden 1991; 5(2): 60-73
DOI: 10.1055/s-2007-993563
Originalia

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Laufband versus Feldversuch

Bewegungsanalyse und Druckverteilungsmessung im SportschuhTreadmill versus Overground - Motion Analysis and Pressure Distribution Measurement in Running ShoesM. Reinisch1 , P. Schaff1 , W. Hauser1 , B. Rosemeyer2
  • 1Institut für biomechanische Analysen im Sport und interdisziplinäre Studien (BASiS), TÜV-PS, München
  • 2Staatliche Orthopädische Klinik München
(Reinisch 1991)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Januar 2008 (online)

Zusammenfassung:

Untersuchungen zur Beurteilung von verletzungsbedingenden Faktoren bei der Laufbewegung und Effekte von Präventionsmöglichkeiten wurden bislang nur auf Laufbändern bzw. unter Laborbedingungen genauer untersucht. - Um Aussagen über Bewegungs-, Belastungs- und (physiologische) Adaptationsvorgänge auf natürlichen Untergründen machen zu können, wurde ein kombiniertes Meßverfahren aus 3-D-Video-Bewegungsanalyse und tragbarem Druckverteilungsmeßsystem entwickelt. Durch einen parallel zum Läufer fahrenden Meßwagen mit gleicher Kamerapositionierung wie im Laborversuch konnte ein identischer Versuchsaufbau für den Feldversuch erreicht werden. 12 Versuchspersonen (männlich, 24-32 Jahre, Schuhgröße 43) liefen mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h (=2,8 m/s) auf Laufband und Grasboden jeweils in zwei Laufschuhtypen mit sehr unterschiedlicher Sohlenkonstruktion. Ausgewertet wurden 200 Schrittzyklen und mehr als 1000 Einzelschritte. Die quantitative Auswertung der Daten ergab sich durch den statistischen Vergleich paarweise verbundener Stichproben für 37 Einzelparameter (19 aus der Bewegungsanalyse und 18 aus der Druckverteilungsmessung), welche die Hauptbelastungen während der Bodenkontaktphase beschreiben. - Beim qualitativen Vergleich der Laufstile mit Hilfe von Knie-Sprunggelenkswinkel-Diagrammen stellte sich eine hohe interindividuelle Variabilität unter gleichen Versuchsbedingungen heraus. Vergleicht man die intraindividuellen Winkel-Winkel-Diagramme für die vier Bedingungen (jeweils auf zwei Bodenarten und in zwei verschiedenen Schuhen), so lassen sich drei chrakteristische Gruppen einteilen: Nicht-Adaptierer, Boden-Adaptierer und Laufschuh-/Gesamt-Adaptierer. - Im Vergleich Laufband - Feldversuch zeigten sich signifikante Unterschiede im Kniegelenk beim Aufsetzstoß: Auf dem Laufband ergab sich dabei ein initial um durchschnittlich 4,6° gestreckteres Kniegelenk bei um 13 % höherer Winkelbremsgeschwindigkeit und um 30 % höherer Winkelbremsbeschleunigung (sig. P < 0,05). Gleichzeitig konnte ein um 7,3 % höherer Gesamtimpuls auf Grasboden bei um 5,9 % größerer Schrittlänge eruiert werden. Erste Ergebnisse zeigten, daß Adaptationsvorgänge vor allem durch das Kniegelenk (im Sinne einer Veränderung in Initialwinkel, Winkelweg und Bremsbeschleunigung) erfolgen. Die Druckverteilungsmessung ergab auf Grasboden einen signifikant höheren Gesamtimpuls bei gleichzeitig größerer Schrittlänge ohne signifikante Differenzen bei den Maximaldruckwerten. Offensichtlich werden die veränderten Bodenbedingungen über die Kniebewegung egalisiert, ohne daß Belastungsänderungen unter dem Fuß auftreten. - Im Vergleich der verschiedenen Schuhe zeigten sich Unterschiede im Bewegungsumfang der Sprunggelenke, die bei Laufbandmessungen genau entgegengesetzte Ausprägung erfuhren als auf Grasboden. Die Druckverteilungsmessung ergab bei der Laufbanduntersuchung signifikante Unterschiede vor allem im Fersenareal, bei der Felduntersuchung vor allem im Gewölbebereich. Dies zeigt eine noch nicht näher beschriebene Bedeutung des Gewölbebereichs auf unebenen Untergründen, die offensichtlich durch die Art der Laufschuhe beeinflußt und auf dem Laufband nicht erfaßbar ist. - Der hier dargestellte Unterschied der Schuhe auf Laufband und Grasboden zeigt deutlich die eingeschränkte Validität reiner Laufbandmessungen. Zur Beurteilung von schuhbedingten Einflüssen auf Sportverletzungen werden in Zukunft Laufschuhe dort gemessen werden müssen, wo sie auch benutzt werden.

Abstract

Our current knowledge on interactions between runner and runningshoe is mainly based on treadmill measurements. In order to reveal stress load and adaption on playing surfaces it was necessary to develop a combined measuring device out of 3-D video motion analysis and portable pressure measurement system. By means of a motor driven cart moving parallel to the subject with comparable position of cameras to the treadmill test it was possible to set up an identical trial for track and field. 12 subjects (male, age 24-32, size 9) were tested at a speed of 2.8 m/s. The varying conditions were treadmill and grass and two different constructed running shoes. 200 cycles and over 1000 steps were analyzed. The quantitative analysis of 37 parameters describing the contact phase was performed using the wilcoxon test for paired samples. - A qualitative comparison of running styles was introduced by using angle-angle-diagrams (knee and ankle by 3-D data) similar to those first described for 2-D by P. R. Cavanagh in 1973. It showed a huge interindividual variability under same conditions. Comparing the angle-angle-diagrams for the four different running conditions it was possible to classify them into three characteristic groups: non-adaptors, surface-adaptors and shoe-adaptors. - Comparing track and field to treadmill measurements significant differences were found for the knee at impact: On treadmill the initial knee angle was 4.6° more extended at a 13 % higher angle velocity and a 30 % higher angle deceleration (sig. p < 0.05). A 7.3 % higher impulse was found on grass at a 5.9 % higher step length. No difference in maximum pressure was found. These results show that adaption is performed mainly by the knee. Changing the motion pattern the knee seems to be capable of homogenizing the different stress loads to the foot. - Comparing the running shoes significant differences were found in the motion of the ankle: a controversial behaviour was found to be on treadmill and grass. The pressure data revealed significant differences for the treadmill test to be in the heel area, for grass in the arch area. This points to an - up to now - unknown importance of the arch on unplain surfaces that are obviously influenced by the construction of the shoe and are not accessable by treadmill tests. - The described different behaviour of shoes in treadmill and track and field tests points out the reduced validity of single treadmill tests. In order to quantify and qualify shoes in their influence on sport injuries in the future the equipment has to be tested where it is used.

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