Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1995; 30(1): 43-48
DOI: 10.1055/s-2007-996446
Mini-Symposium
Medizinische Standards im Gerichtsverfahren
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wie entstehen medizinische Standards (Regeln der ärztlichen Kunst)?

J. Wawersik
  • Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Christian-Albrechts-Universität Kiel
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Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Im Grunde genommen kann man einen Standard nicht erlassen, sondern man kann nur Leitlinien aufstellen. Ob diese Leitlinien zu einem Standard werden, erweist die Akzeptanz in der Klinik, die Durchführbarkeit und die Bewährung im klinischen Alltag. Dabei muß die Medizin natürlich auch in Zukunft gegenüber Verbesserungen und neuen Methoden offen bleiben. Auch muß ein gewisser Mindestrahmen als Standard erfüllt sein. Neue Methoden dürfen jedoch nicht unbesehen an die Stelle von überkommenen und bewährten Verfahren treten. Gegebenenfalls ist es erforderlich, bisherige Zweckbestimmungen neu zu bewerten und die Vor- und Nachteile nebst Kosten, Nutzen und Risiko für die Sicherheit, den Gesundheitszustand und die Genesungsdauer der Patienten gegeneinander abzuwägen.

Dies kann nicht nur durch die Protagonisten neuer Methoden aus herausragenden medizinischen Institutionen geschehen, sondern es bedarf der langjährigen Erfahrung und klinischen Beobachtung sowie einer breiten Diskussion und Meinungsbildung innerhalb des Faches, bevor daraus ein neuer Standard werden kann. Deshalb sind sogenannte Konsenzkonferenzen, sofern sie sich überwiegend aus Fachvertretern gleicher Arbeitsrichtung und übereinstimmender Grundtendenz zusammensetzen, nicht immer prädestiniert dazu, einen neuen Standard zu setzen. Am besten ist diese Aufgabe wahrscheinlich bei den wissenschaftlichen Fachgesellschaften aufgehoben, die am ehesten in der Lage sein dürften, abweichende Positionen zu moderieren und zu einer Synopse zusammenzuführen, die den Erfordernissen des klinischen Routinebetriebes gerecht wird.

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