Laryngorhinootologie 1997; 76(3): 123-126
DOI: 10.1055/s-2007-997399
Otologie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Beitrag zum progredienten Hörverlust bei hörgeräteversorgten Kindern*

Progressive Hearing Loss in Children Treated with Hearing AidsM. Streppel, T. Betten, H. von Wedel, H. E. Eckel, M. Damm
  • Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie der Universität Köln (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. E. Stennert)
* Auszugsweise vorgetragen auf der 80. Jubiläumstagung der Vereinigung der Südwestdeutschen Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, 20.-21.9.1996.
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Die Hörgeräteversorgung schwerhöriger Kinder stellt in Verbindung mit einer intensiven Frühförderung derzeit eine allgemein anerkannte Methode im Rahmen der Hör- und Sprachentwicklung dar. Dabei müssen in den Fällen von hochgradig schwerhörigen und hörrestigen Kindern oftmals Hochleistungshörgeräte verwendet werden, deren Schallausgangspegel teilweise über 125 dB SPL (In-situ-Messung) liegen. Die Frage, ob beobachtete Progredienzen der Schwerhörigkeiten schicksalhafte Verläufe der Grunderkrankung oder hörgerätevermittelte lärminduzierte Ereignisse darstellen, wird seit Jahren in der Literatur kontrovers diskutiert. Aufgrund einer Zunahme dieser Fälle in den letzten 3 Jahren greifen wir dieses Problem erneut auf. Methode: Es wurden die progredienten Hörverluste bei hörgeräteversorgten Kindern in der Pädaudiologie der Universitäts-HNO Köln seit 1993 dokumentiert. Ergebnisse: Bei konstantem Patientenumfang (ca. 270/Jahr) fielen insgesamt 16 Kinder, davon 11 hochgradig hörgestört bzw. hörrestig durch einen progredienten Hörverlust auf. Die Anzahl nahm von Jahr zu Jahr zu (93 = 2, 94 = 3, 95 = 5, bis 7/96 = 6). In 8 Fällen lag ein maximaler Schallausgangspegel von über 125 dB SPL, aber unter 140 dB SPL vor. Die Latenz zwischen Erstversorgung und Eintritt der Hörminderung variiert von 1 Monat bis zu 15 Jahren. Eine Korrelation zwischen dem maximalen Schallausgangspegel und der Dauer der Hörgeräteexposition existiert nicht. Schlußfolgerung: Die Zahl der hier vorgestellten progredienten Hörverluste liegt im international angegebenen Rahmen (2-6%). Wir sehen deshalb derzeit keinen Grund, unser Konzept zur Hörgeräteanpassung schwerhöriger Kinder zu ändern, werden aber die weitere Entwicklung genau beobachten müssen.

Summary

Background: The possibility of hearing aid induced deterioration was first described in 1939 (Berry 1939, Holmgren 1939). Since then numerous studies discussed this problem controversely. However, it is undisputed that in cases of profound sensorineural hearing loss in childhood powerful hearing aids are necessary for maturation and auditory and speech development. An increase of progressive sensorineural hearing loss in the last three years in chiidren with profound sensorineural hearing loss fitted with hearing aids (2 children in 1993, 6 children in 1996) drew our attention to this problem. Method: Over a period of four years, we collected the data of 16 chiidren with progressive hearing loss. Results: The comparison of the duration of the hearing aid use since fitting and the maximum output level fail to explain this increase. Moreover our strategy in hearing aid fitting remained unchanged during this period especially with regard to SSPL max. We also performed an analysis of the childhood disorders associated with the sensorineural hearing losses. This analysis provided no further Information for the increase of hearing loss. Conclusion: There is no evidence that powerful hearing aids damage hearing and induce progressive sensorineural hearing loss in childhood. Therefore we believe that there is no need to change our hearing aid fitting strategy particulary with regard to the maximum Output level up to 135 dB SPL measured in situ. The increase in the number of progressive cases in the last two years indicates the necessity of further investigations in this field.

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