Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2008; 40(2): 78-79
DOI: 10.1055/s-2008-1044090
Forschung
Neues aus der Onkologie
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Bronchialkarzinom: Reparaturenzym verhindert Chemotherapieerfolg

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Publikationsdatum:
17. Juli 2008 (online)

Bronchialkarzinom: Reparaturenzym verhindert Chemotherapieerfolg

Die Abwägung zwischen möglichem Antitumoreffekt und Nebenwirkungen bestimmt maßgeblich die Entscheidung für oder gegen eine zytostatische Behandlung. Die Suche nach Prädiktoren für das individuelle Ansprechen wird immer mehr zum Forschungsschwerpunkt. Ob bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen (NSCLC) das DNA-Reparaturgen ERCC1 so ein Marker sein könnte, wurde nun in einer Studie untersucht (N Engl J Med 2006; 355: 983 – 991).

Auch nach kompletter Resektion erleiden stadienabhängig zahlreiche Patienten mit NSCLC einen Rückfall. 77 % (Stadium IIIA) sterben innerhalb von 5 Jahren. Eine Cisplatin basierte, adjuvante Chemotherapie führt nach großen Studien nur zu einer geringfügigen Verlängerung der Überlebensrate (4 – 15 %). Bei der Resistenz gegen Cisplatin spielen DNA-Reparaturmechanismen eine wesentliche Rolle. ERCC1 („Excision Repair cross-complementation Group 1”) exprimiert ein Enzym, das platininduzierte DNA-Fehlprodukte erkennt und entfernt. Patienten ohne ERCC1-Expression profitieren möglicherweise eher von einer Cisplatinbehandlung. Olaussen et al. standen Präparate aus der IAL-Studie (International Adjuvant Lung Cancer Trial) zur Verfügung. 1867 Patienten mit NSCLC im Stadium n I – III waren nach kompletter Resektion adjuvant behandelt worden. Plattenepithel- und Adenokarzinome waren die häufigsten Diagnosen (56 und 32 %). ERCC1 wurde in immunhistochemischer Färbung im Kern der Tumorzellen nachgewiesen. 44 % der 761 auswertbaren Proben waren positiv. Kriterien hierfür waren Intensität und Häufigkeit der Anfärbung. Die Expression von ERCC1 im Tumor war bei älteren Patienten (≥ 55 Jahre) und Plattenepithelkarzinomen häufiger. Die 5-Jahres-Überlebenszeit betrug für die Gesamtpopulation 43 %.

Im Vergleich zur nicht chemotherapierten Kontrollgruppe war das 5-Jahres-Überleben nach adjuvanter Cisplatinbehandlung nur marginal verbessert (42 vs. 44 %). Bei Patienten mit negativem ERCC1-Befund ergab sich ein signifikanter Unterschied. Die 5-Jahres-Überlebenszeit betrug 47 % bei zytostatisch behandelten Patienten und 39 % bei den Kontrollen. Dies führte zu einem durchschnittlichen Gewinn an Lebenszeit von 14 Monaten (mittlere Überlebenszeit 56 vs. 42 Monate). Waren die Patienten ERCC1-positiv, bestand kein signifikaner Unterschied zwischen den Gruppen. Bei ausschließlicher Analyse der Kontrollgruppe war die Überlebensrate bei positivem ERCC1 signifikant größer als bei negativem Befund (46 % vs. 39 %).

Fazit: Die Expression des ERCC1-Proteins hat wesentliche Bedeutung für DNA-Reparaturmechanismen. Chemotherapie induzierte Genveränderungen werden erkannt und beseitigt. So profitieren Patienten mit ERCC1-negativem NSCLC signifikant stärker von einer adjuvanten Cisplatintherapie als Patienten, deren Tumor das Reparaturgen exprimiert, so die Autoren.

Kommentar: E. Reed unterstreicht in seinem Kommentar (N Engl J Med 2006; 355: 1054 – 1055) die Bedeutung von ERCC1 als Multiproteingruppe, die für menschliches Leben essenziell sei. Ihre komplexen Effekte seien relevant für Gehirnreifung, physiologische Alterung und viele andere Prozesse. Die Studie bestätige frühere Ergebnisse, die die Markerfunktion von ERCC1 postuliert hatten. ERCC1-negative nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome sprachen besser auf eine platinbasierte Chemotherapie an. Wichtig sei nun die Bestätigung der Ergebnisse in prospektiven Studien.

Dr. Susanne Krome

Melle

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