Zusammenfassung
Hintergrund: Über die Behandlung von Dysphonien im Kindesalter gibt es international aktuell keinen
Konsens und keine Leitlinie. Zudem differieren die in verschiedenen Publikationen
vertretenen Auffassungen über Ursachen, Entwicklung und Prävalenzen stark.
Ziel: Ziel der vorliegenden Arbeit war es deshalb, einen interdisziplinären Konsens bezüglich
der Pathogenese, Ätiologie und Auswirkungen von Stimmstörungen bei Kindern herbeizuführen.
Methodik: Nominaler Gruppenprozess, interdisziplinärer Erfahrungsaustausch, Literaturrecherche
und Evidenzlevelbewertung von Publikationen zu Ursachen, Häufigkeiten, Entstehung
und Entwicklung von Dysphonien bei Kindern und Jugendlichen.
Ergebnisse: Die ausgewertete Literatur zur Ätiologie, Pathogenese und Prävalenz zeigte vorwiegend
niedrige Evidenzlevel. Daher wurden Erfahrungen von Vertretern verschiedener Disziplinen
ausgewertet, die sich mit Dysphonien bei Kindern beschäftigen. Die Konsensbildung
fand im nominalen Gruppenprozess statt. Es bestand Einigkeit darüber, dass jede chronische,
d. h. länger als 3 Wochen anhaltende Verschlechterung des Stimmklanges, jede Abnahme
der stimmlichen Leistungsfähigkeit und/oder die Zunahme von stimmassoziierten Missempfindungen
bei Kindern fachärztlich, stimmtherapeutisch und gegebenenfalls psychologisch abgeklärt
werden müssen. Sind organische Veränderungen nicht ursächlich für die Stimmstörung,
so müssen psychische und funktionelle Faktoren diskutiert werden. Die Ätiologie funktioneller
Dysphonien bei Kindern ist meist multifaktoriell.
Diskussion und Fazit: Strukturierte Reviews und Metaanalysen zu Ätiologie, Pathogenese und Prävalenz von
Dysphonien bei Kindern sind zurzeit nicht sinnvoll möglich. Deshalb sind auch Erfahrungen
klinisch tätiger Behandler verschiedener Disziplinen in die Konsensbildung eingeflossen.
Jede chronische Heiserkeit, Verringerung der stimmlichen Leistungsfähigkeit bzw. stimmassoziierte
Missempfindungen bei Kindern müssen durch einen Spezialisten für kindliche Stimmstörungen
abgeklärt werden.
Abstract
Background: At present there are no guidelines available for dysphonia in childhood. The opinions
about aetiology, pathogenesis and prevalence differ strongly.
Aims: The purpose of this study was to reach an interdisciplinary consensus about the mechanism
of pathogenesis of voice disorders in children.
Methods: By means of an interdisciplinary exchange of experience, nominal group technique,
consensus development, discussion about treatment concepts together with a review
of the current publications on concepts, prevalence, diagnostics, therapies, and their
evidence this study was conducted in order to develop expert opinions.
Results: Only low evidence levels were found concerning aetiology, pathogenesis and prevalence
of voice disorders in children in the evaluated literature. Therefore, the experiences
of different disciplines were evaluated. The consensus was held in a nominal group
process. We were in agreement that every chronic dysphonia lasting for more than 3
weeks has to be examined by an expert physician, voice therapist and, as appropriate,
by a psychologist. “Dysphonia” can stand for an altered voice, reduced maximum loudness,
reduced voice quality, and/or other abnormal sensations associated with voicing. When
organic causes can be excluded, psychological and functional factors need to be discussed.
Discussion and Conclusion: Many of the questions on diagnosis and treatment of dysphonia in children are still
not yet answered and need further research. Until this occurs, experts are challenged
to conduct future research and develop an interdisciplinary flow chart. Every chronic
dysphonia has to be examined by an expert for paediatric voice disorders.
Schlüsselwörter Dysphonie - Kinder - Ursache - Pathogenese - Prävalenz - Konsens
Key words dysphonia - children - aetiology - pathogenesis - prevalence - consensus