Aktuelle Ernährungsmedizin 2023; 48(03): 169
DOI: 10.1055/a-2055-7435
Buchbesprechung

Äußerst lesenswertes Buch

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Die Verflechtungen von Genen, Ernährung, Umwelt und Umweltchemikalien sind in der Praxis noch weitgehend unberücksichtigt. Im Vorwort benennt der Autor sein Ziel: möglichst vielen Menschen ein Verständnis für die Epigenetik, diesen schnell wachsenden Teil der Genetik, zu ermöglichen. Das wird mit der Einteilung in drei Teile erreicht:

Physiologie der Gen-Umwelt Interaktionen

Epigenetic und individuelles Krankheitsrisiko

Verknüpfung von Genom und epigenetischen Veränderungen

Dabei ist jeder Teil konsequent und logisch in aufeinander aufbauende Kapitel gegliedert. So findet man sich sehr leicht und schnell in der komplexen Materie zurecht.

Adipositas und Diabetes mellitus Typ2, Mangelernährung mit dem möglichen Problem von „hidden hunger“ und andere ernährungs- oder umweltabhängige Krankheiten werden hinsichtlich der epigenetischen Veränderungen, immer begründet durch vorliegende Studien, dargestellt und diskutiert. Fernziel ist die individuelle Ernährung und Beratung. Ebenso wird die Reversibilität der epigenetischen Programmierung durch einen gesunden Lebensstil, vollwertige Ernährung und körperliche Aktivität aufgezeigt. Dies wird durch ein langfristig erfolgreiches Gewichtsmanagement illustriert, z. B. durch bariatrische Interventionen. Die Folgen der Ernährung während der Kindheit und dem Alter, während einer Schwangerschaft mit Folgen für den Fötus sowie auf die nächste und möglicherweise die folgende Generation, wird in eigenen Kapiteln jeweils mit umfangreichen Literaturangaben beschrieben. Eine sehr informative Schlussfolgerung, die auch dem eiligen Leser eine rasche Orientierung ermöglich, schließt jedes Kapitel ab. Epigenetische Veränderungen durch Störung der circadianen Rhythmen, der physiologischen Abläufe im Metabolom, der Immunfunktion und der Zellproliferation, wie auch die Einflüsse der Umwelt auf diese Systeme und deren krankmachendes Potential werden anschaulich geschildert.

Wissenschaftliches Interesse haben in den letzten Jahren die sogenannten »Endocrine disrupting Chemicals, EDC« erhalten. Potenziell gefährliche EDCs sind etwa 800 von den 80000 Chemikalien denen wir im Alltag ausgesetzt sind. Sie interagieren mit der Produktion, dem Transport, der Freisetzung, dem Stoffwechsel oder der Ausscheidung von Hormonen, wie Insulin, Leptin oder Sexualhormonen. ECD kumulieren über Jahrzehnte und werden regelmäßig im Urin, dem Blut und der Muttermilch der Bevölkerung gefunden. Ihr krankmachendes Potenzial konnte auch für Zivilisations- und Stoffwechselkrankheiten gezeigt werden.

Die Lektüre des äußerst lesenswerten Buches empfiehlt sich für Fachleute auf dem Gebiet der Ernährung, der Umwelt, der Genetik und der Prävention, aber auch für Ärzte, Gesundheitsberufe, Sporttherapeuten, und ebenso für gesundheitlich interessierte Laien.

Ich wünsche dem Werk die große Verbreitung, die es verdient.

Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Olaf Adam, München



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Article published online:
26 May 2023

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