Gesundheitswesen 2009; 71 - A170
DOI: 10.1055/s-0029-1239220

Entscheidungsbeteiligung älterer Patienten in der hausärztlichen Versorgung: die Perspektive von Patienten und ihren Ärzten

J Wrede 1, H Diederichs-Egidi 1, M Dierks 1, U Junius-Walker 1
  • 1Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover

Einleitung: Die Versorgung älterer, multimorbider Patienten gewinnt in der hausärztlichen Praxis an Bedeutung. Gleichzeitig nehmen der Wunsch und das Bedürfnis der Patienten zu, eine aktivere Rolle im Behandlungsprozess einzunehmen. Im Rahmen der Studie „PräfCheck“ wird zur ärztlichen Unterstützung einer partizipativen Gesprächsgestaltung ein Gesprächsleitfaden entwickelt. Vorbereitend wurden in einer ersten qualitativen Phase Präferenzen und Wünsche von älteren Patienten und deren Hausärzten zur partizipativen Entscheidungsfindung untersucht.

Material und Methoden: 34 Patienten (>70 Jahre, 50% Männer) und deren Hausärzte (n=9) wurden in qualitativen Leitfadeninterviews über ihre Einstellung zur und ihren Erfahrungen mit Patientenbeteiligung in der hausärztlichen Versorgung befragt. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet, transkribiert und nach den Prinzipien der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Erste Ergebnisse:Ältere Patienten erwarten in konkreten medizinischen Bereichen (z.B. Anordnung von Röntgenaufnahmen, Verordnung von Medikamenten), dass Ärzte als Experten Entscheidungen treffen. Sie wollen allerdings ausführlich über Hintergründe, Wirkungen und Nebenwirkungen informiert werden. Anders sieht es aus, wenn die Entscheidungen soziale und alltagsrelevante Inhalte betreffen, z.B. den Umbau der Wohnung oder die Beantragung von ambulanten Hilfen. Hier haben die Patienten genauere Vorstellungen und wollen stark in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.

Direkt danach gefragt, befürworten Hausärzte die Beteiligung der Patienten an Entscheidungsprozessen. Dem gegenüber stehen Interviewpassagen, in denen Ärzte wiederholt Gesprächssituationen schilderten, in denen sie sich direktiv an den Patienten wandten.

So ist zu vermuten, dass medizinische Entscheidungen letztlich überwiegend unter Berücksichtigung der Arztperspektive getroffen werden.

Diskussion und Schlussfolgerungen:

Bei konkreten medizinischen Entscheidungen korrespondieren häufig die Vorstellungen von Arzt und älteren Patienten, dass der Arzt letztlich die Entscheidung trifft. Es erscheint sinnvoll, sich in weiteren Überlegungen darauf zu konzentrieren, wie Ärzte dem Wunsch der Patienten nachkommen können, ausführliche und verständliche Informationen zu vermitteln. Um den Austausch im Arzt-Patient-Gespräch zu stärken, könnte die Entwicklung von unterstützenden Materialien (z.B. einen strukturierten Gesprächsleitfaden wie den „PräfCheck“) für den Hausarzt eine Hilfestellung bieten.