Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2011; 16(3): 160-165
DOI: 10.1055/s-0029-1245667
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nutzen von Therapien bei Morbus Alzheimer aus Sicht der pflegenden Angehörigen

Benefit of Therapies in Alzheimer’s Disease – the Perspective of Family NursingJ. Naumann2 , C. Grimm1 , R. Rychlik1 , H. Brunner2
  • 1Institut für Empirische Gesundheitsökonomie Burscheid
  • 2Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität Köln
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Publication Date:
12 October 2010 (online)

Zusammenfassung

Lange Zeit wurde vernachlässigt, welchen Nutzen die Alzheimer-Therapien für die pflegenden Angehörigen haben. Diese Frage rückt zunehmend ins Blickfeld, da die Belastungen und der Betreuungsaufwand für die pflegenden Angehörigen enorm sind und die in hohem Maße notwendige pflegerische Arbeit derzeit noch völlig unterbewertet wird. Vor dem Hintergrund der Nutzenbewertungen des IQWiG drückt sich der Nutzen einer medizinischen Intervention zum einen in monetären Einsparungen aus und zum anderen zeigt sich der Nutzen einer Maßnahme in nichtmonetären Größen. Letztgenanntes wird durch unterschiedlichste medizinische oder epidemiologische Outcomeparameter wie z. B. gewonnene symptomfreie Tage, gewonnene Arbeitstage oder auch zusätzliche Lebensjahre gemessen. Zudem ist die Perspektive (Arzt, Patient, Angehöriger, Krankenkasse, Politik, Gesellschaft), aus der die Wirksamkeit der Behandlung betrachtet werden soll, entscheidend. Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Alzheimer-Therapie auch die Pflege des Erkrankten beeinflusst und damit auch eine mögliche Verringerung der Belastung für die Pflegenden bewirkt. Eine Nutzenbewertung der Alzheimer-Therapien aus Sicht der Angehörigen soll zum einen Aufschluss darüber geben, was für pflegende Angehörige überhaupt einen Nutzen in der Alzheimer-Therapie darstellt bzw. darstellen könnte, und zum anderen, wie die verschiedenen Nutzenaspekte priorisiert werden. Ausgewertet wurde hierfür ein für diese Nutzenbewertung entwickelter Fragebogen (n = 35), der sich in drei Teile gliedern lässt: Der erste Teil beinhaltete Fragen, die sich an den pflegenden Angehörigen selbst richten. Der zweite Teil des Fragebogens beinhaltete Fragen zur erkrankten Person und der dritte Teil erforderte eine Bewertung verschiedener Nutzenaspekte ihrer Wichtigkeit nach. Mithilfe von Mittelwert, Varianz und Standardabweichung wurde den 25 Items (Nutzenaspekte) ein Wert zugeordnet, sodass ein Ranking möglich war. Die bedeutungsvollsten Nutzenaspekte für die pflegenden Angehörigen waren „Verlängerung eines würdigen Lebens”, „Erleichterung, dass es meinem Angehörigen besser geht”, „mehr das Gefühl haben, dass alles Menschenmögliche getan wird”, „Verlängerung der Kommunikationsfähigkeit im Krankheitsverlauf” und „Verlangsamung des Krankheitsverlaufs”. Damit stehen intangible Effekte eindeutig im Vordergrund.

Abstract

The benefit of therapies in Alzheimer’s disease, mainly the perspective of family nursing, has been disregarded for years. But this issue becomes more and more important, because stresses and strains for family members are enormous and the family nursing is largely underrated at present. In contrast of the benefit assessment of IQWiG, the benefit of a medical intervention is on the one hand the reduction of costs and on the other hand the result of intangible variables. The latter is quantified in different outcome parameters, for example days gained free of symptoms, working ability or life years gained. Furthermore, the perspective (doctor, patient, family member, health insurance, politicans, society) of assessing the benefit is important. The key question is whether therapies of Alzheimer’s diseases have an effect on family nursing to reduce their stresses and strains. The perspective of family nursing in assessing the benefit of therapies in Alzheimer’s disease should give information about the benefit aspects for family members and it should offer valuable clues in order to prioritize those aspects. A questionnaire for this analysis (n = 35) was structured in three parts: the first part included questions addressing family members of Alzheimer patients. The second part of the questionnaire included some questions about the patient himself and in the third part family members should evaluate benefiting aspects according to their importance. With the aid of arithmetic mean, empirical variance and standard deviation, 25 items were classified by values in order to make an appropriate ranking. The most important benefit aspects for family members were ”prolonging a worthy life”, ”relief as the patient improves”, ”to get the feeling that everything is done for the patient”, ”extension of the ability to communicate during this period” and ”slowdown the course of disease”. For this reason, intangible effects are in focus.

Literatur

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Julia Naumann

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