Gesundheitswesen 2010; 72 - WS10
DOI: 10.1055/s-0030-1266201

Fünf Bruchstellen kontinuierlicher rehabilitativer Versorgung in der Schweiz und in Deutschland (eingeladener Vortrag)

J Behrens 1, K Müller 2, M Zimmermann 3, Y Selinger 1, M Schubert 1, S Fleischer 1, A Weber 1, C Becker 1
  • 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale
  • 2integria, Bern
  • 3Universität Bremen, Bremen

Fragestellung: Deutschland und die Schweiz haben seit langem ein medizinisches und ein System pflegerischer Unterstützung ausdifferenziert. Rehabilitation bei chronischen Erkrankungen erfordert dabei eine integrierte Versorgung entlang des Lebensverlaufs: Sie hat nicht nur verschiedene medizinische und pflegerische Einrichtungen zu integrieren, sondern muss vor allem auch, soll Rehabilitation gelingen, Betriebe und Kommunen in die Be-Handlungskette integrieren. Ist diese Integration nur unzureichend gewährleistet, haben Menschen mit chronischen Erkrankungen zusätzlich zu ihren Krankheiten auch noch die Versorgungsbrüche im medizinischen und im pflegerischen System zu bewältigen. Sehr unterschiedlich gehen die untersuchten Staaten diese Integrationsaufgabe an. Können sie voneinander lernen? Methode: Unterschiede, so überraschend sie sein mögen, erweisen den internationalen Vergleich als fruchtbar: Innerhalb eines Staates sind die institutionalisierten Einrichtungen nicht zu Forschungszwecken zu variieren. Zwischen den Staaten zeigen sich hingegen Unterschiede deutlich genug. Allerdings müssen die Staaten außer in den untersuchten institutionalisierten Einrichtungen möglichst in allen anderen Eigenschaften hinreichend ähnlich sein, um den Vorteil der Institutionenvarianz nutzen zu können. Ergebnisse: Die Schweiz und Deutschland gehören zu den Staaten mit der höchsten Ärztedichte der Erde. Das ist in beiden Staaten nicht mit einer Verringerung der sozialen Ungleichheit vor Krankheit und Tod einhergegangen. Die Kontinuität der Versorgung ist in der Schweiz ähnlich, aber nicht genauso wie in Deutschland durch Versorgungsbrüche gefährdet. Die Bruchstellen treten an anderen Stellen des Krankheitsverlaufs als in Deutschland auf – sie sind aber – zumindest aus Schweizer Sicht – nicht weniger „absurd“ in ihren Unterstellungen zum Krankheitsverlauf, die den tatsächlichen Krankheitsverläufen vielfach widersprechen. Auch in der Schweiz gibt es wie in Deutschland starke ökonomische Anreize gegen eine integrierte Verantwortung für Akutbehandlung und Rehabilitation, nur die Systembrüche liegen an anderer Stelle. Differenziert werden Bruchstellen kontinuierlicher Versorgung:

  • Rentenversicherungsreha/Krankenversicherungsreha

  • stationär/ambulant

  • Akutbehandlung/medizinische Rehabilitation

  • Medizinische und berufliche Rehabilitation, Klinik und Betrieb

  • Reha und Pflege, Partizipation zu Hause und in der Kommune