Gesundheitswesen 2010; 72 - V54
DOI: 10.1055/s-0030-1266228

Beeinflussen Alter, Geschlecht, Wohnort, soziale Schicht die medizinische Versorgung von Patienten mit malignem Melanom in Schleswig-Holstein? Ergebnisse aus der OVIS-Studie

M Schaal 1, A Waldmann 1, R Pritzkuleit 1, H Raspe 2, A Katalinic 1
  • 1Institut für Krebsepidemiologie e.V., Lübeck
  • 2Institut für Sozialmedizin, Lübeck

Einleitung/Hintergrund: Im Rahmen der OVIS-Studie (Onkologische Versorgung in Schleswig-Holstein) wurden soziodemographische Angaben, Informationen zur Krebserkrankung und die medizinische Versorgung von Patienten mit malignem Melanom mittels eines Fragebogens erfasst. In der internationalen Literatur wird diskutiert, dass per se versorgungsunabhängige Faktoren, wie Geschlecht, Alter, Wohnort und soziale Schicht, Einfluss auf die medizinische Versorgung nehmen. Anhand von Patientenangaben sollten überprüft werden, ob diese Faktoren die onkologische Versorgung von Melanompatienten beeinflussen. Material und Methoden: 608 an das Krebsregister Schleswig-Holstein gemeldete Patienten (Zeitraum der Diagnose: Januar 2002 bis Juni 2004) mit malignem Melanom und Zutreffen der Einschlusskriterien der OVIS-Studie wurden ca. 1 1/2 Jahr nach Therapieende postalisch befragt. Die Einstufung der sozialen Schicht erfolgte durch den Schichtindex nach Deck und Röckelein (1999), der Wohnort wurde als analog zum Landesraumordnungsplan des Landes Schleswig-Holstein (1998) als städtisch oder ländlich klassifiziert. Ergebnisse: Bei den OVIS-Teilnehmern (328 Frauen, 280Männer) handelt es sich um eine unverzerrte, bevölkerungsbezogene Stichprobe von Melanompatienten aus Schleswig-Holstein. In unserer Stichprobe haben das Geschlecht (Frauen erhalten seltener körperliche Untersuchung und Biopsie zur Diagnosesicherung und sind häufiger selbst Entdecker des Tumors), der Wohnort (städtische Patienten erhalten eine intensivere Abklärungs- und Ausbreitungsdiagnostik) und die Sozialschicht (je höher die Schicht, desto häufiger Auflichtmikroskopie) nur einen geringen Einfluss auf die medizinische Versorgung. Den größten Einfluss hat das Patientenalter: Je älter die Personen waren, umso häufiger wurden Abklatsch-Zytologien und Biopsien durchgeführt. Die Tumorentfernung mit histopathologischer Untersuchung und eine Ausbreitungsdiagnostik fand am häufigsten im mittleren Lebensalter (40 bis <50 Jahre) statt. Die Tumornachsorge wurde bei älteren Patienten weniger regelmäßig in Anspruch genommen als bei jüngeren Patienten. Diskussion/Schlussfolgerungen: Generell erscheint die Patientenversorgung für Patientinnen und Patienten mit malignem Melanom relativ ausgeglichen. Kleinere Unterschiede in Richtung einer Unterversorgung finden sich insbesondere bei älteren Patienten. Daher sollte von ärztlicher Seite verstärkt auf eine Gleichbehandlung geachtet werden, damit keine Patientengruppe vernachlässigt und schlechter versorgt wird.