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DOI: 10.1055/s-0030-1266251
Prävalenz von Nahrungsmittelallergien bei Kleinkindern bestimmt durch doppel-blinde plazebo-kontrollierte Provokationstests: Erste Ergebnisse für Deutschland aus der EuroPrevall Geburtskohortenstudie
Hintergrund: Die Prävalenz von nachgewiesenen Nahrungsmittelallergien im Kindesalter ist unklar. In bevölkerungsbasierten Studien geben bis zu 35% der Eltern an, dass ihre Kinder allergisch auf Nahrungsmittel reagieren. Von der EU gefördert, führen wir eine multinationale Geburtskohortenstudie durch, um die Prävalenz und Risikofaktoren von Nahrungsmittelallergien bei Kindern mit validen diagnostischen Methoden und für unterschiedliche europäische Regionen zu bestimmen. Methoden: Seit 2005 wurden in 9 europäischen Ländern, darunter Deutschland, insgesamt über 12.000 Neugeborene und ihre Familien rekrutiert. Bei typischen Symptomen für Nahrungsmittelallergien, die in regelmäßigen standardisierten Interviews zu 0, 12, 24 und 30 Monaten oder jederzeit bei Verdacht durch Meldung der Eltern erfasst wurden, erfolgten klinische Untersuchungen und, bei anhaltendem Verdacht, doppel-blinde plazebo-kontrollierte Nahrungsmittel-Provokationstests unter ärztlicher Aufsicht (als diagnostischer Goldstandard). Ergebnisse: In Berlin konnten 1568 Neugeborene und deren Eltern rekrutiert werden. Von den Kindern hatten 380 (24%) in den ersten 2,5 Lebensjahren für Nahrungsmittelallergien verdächtige Symptome. Obwohl 64 Kinder nach klinischer Untersuchung inklusive Labordiagnostik die Kriterien erfüllten, stimmten nur von 31 die Eltern der Durchführung der Nahrungsmittel-Provokationstests zu. Bei 16 Kindern (1,0%; 95% KI 0,6–1,6%) konnten allergische Reaktionen gegen Nahrungsmittel dadurch bestätigt werden (Hühnerei 0,7%, Kuhmilch 0,3%, Erdnuss 0,2%, Weizen 0,2%). Unter der Annahme, dass bei den 33 nicht getesteten Kindern, die aber auch die spezifischen Kriterien für den Provokationstest erfüllten, der Anteil positiver Befunde gleich hoch gewesen wäre, schätzen wir die Prävalenz allergischer Reaktionen gegen mindestens 1 Nahrungsmittel auf 2,1% (95% KI 1,4–2,8%). Schlussfolgerungen: In der größten Geburtskohortenstudie mit doppel-blinden plazebo-kontrollierten Nahrungsmittel-Provokationstests konnten Allergien gegen Nahrungsmittel nur bei weniger als 10% aller Kinder mit verdächtigen Symptomen bestätigt werden. Die Prävalenz für Berliner Kinder in den ersten 2,5 Lebensjahren wird auf 2% geschätzt. Die EuroPrevall-Geburtskohorte soll in regelmäßigen Follow-Ups weiter untersucht werden, um den Verlauf der frühkindlichen Allergien, das Auftreten neuer Fälle und mögliche Risikofaktoren von Nahrungsmittelallergien zu bestimmen.