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DOI: 10.1055/s-0030-1266258
Erwerbsbeteiligung, Gesundheit und Behinderung in Deutschland: Ergebnisse des Mikrozensus 2005
Einleitung: Obwohl die negativen Gesundheitsfolgen von Massenarbeitslosigkeit schon seit langer Zeit von den Gesundheitswissenschaften beobachtet werden, ist die Gesundheitsberichterstattung über erhöhte Krankheitsrisiken von Erwerbslosen und die wechselseitigen Beziehungen von Arbeitslosigkeit und Gesundheit noch fragmentiert und unsystematisch. Erwerbslosigkeit und Gesundheit stehen in wechselseitigem Zusammenhang. Methode: Der Mikrozensus 2005 ist eine amtliche Stichprobenerhebung. Insgesamt nahmen im Jahr 2005 rund 380.000 Haushalte mit 820.000 Personen an der randomisierten Erhebung teil. Die Beantwortung unterliegt weitgehend der gesetzlichen Auskunftspflicht. Die Gesundheitsangaben sind fakultativ (Rücklaufquote ca. 85%). Der verwendete Mikrozensus Scientific Use File 2005 enthält eine 70%-Unterstichprobe des Originaldatensatzes. Ergebnisse: Der Krankenstand zum Befragungszeitpunkt im Jahresdurchschnitt 2005 übersteigt den von Erwerbstätigen um ca. das Doppelte. Er nimmt mit Dauer der Arbeitsuche zu und ist im SGB II-Rechtskreis erhöht. Die altersstandardisierten Odds Ratios reduzieren sich bei den arbeitsuchenden Frauen und Männer aber von je 2,2 auf 1,8 bzw. 1,6, wenn noch weitere soziodemografische Merkmale, Familientyp und Haushaltsstruktur, Schul- und Berufsausbildung, sozioökonomische Variablen, Behinderung und Raucherstatus sowie sonstige Einflussfaktoren adjustiert werden. Die Raucherquoten der Arbeitsuchenden übertreffen in allen Altersstufen die der Erwerbstätigen. Die Tabakkonsumaufgabe ist dagegen gering. Erwerbslosigkeit ist außerdem mit „starkem Übergewicht“ assoziiert Auch die Kinder von arbeitsuchenden Haupteinkommensbeziehern sind zum Befragungszeitpunkt im Durchschnitt überproportional häufig krankt/unfallverletzt. Die Erwerbsbeteiligung von behinderten Menschen ist unterproportional. Die Wiedereingliederungschancen sind bei Vorliegen einer Behinderung und vor allem bei einer Schwerbehinderung erheblich reduziert. In den multivariaten Modellberechnungen vermindert bei denjenigen, die vor zwölf Monaten arbeitslos waren, eine mehr als ein Jahr andauernde Krankheit/Unfallverletzung am stärksten die Chancen auf eine Erwerbstätigkeit zum Befragungszeitpunkt. Konklusion: Die Mikrozensus-Auswertungen bestätigen die vielschichtigen Wechselbeziehungen zwischen Gesundheit und Erwerbsstatus sowie den starken Einfluss von Krankheiten und Behinderung auf die Arbeitsmarktintegration. Die Ergebnisse zur Gesundheit von Kindern unterstützen die Annahme, dass gesundheitliche Ungleichheit „sozial vererbt“ wird. Erwerbslosigkeit stellt eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung dar – auch für den Bereich Public Health!