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DOI: 10.1055/s-0030-1266278
Einbindung von Spezialisten in die Verordnung von Methylphenidat/Atomoxetin zur Behandlung von ADHS
Einleitung/Hintergrund: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat zur Vermeidung von Über- und Fehlversorgung ab September 2009 die Zulassungsbedingungen für Methylphenidat verschärft. Die Behandlung von ADHS (AufmerksamkeitsDefizit/Hyperaktivitäts-Syndrom) muss jetzt unter Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern durchgeführt werden. Im Vergleich zweier Kohorten von Kindern der Jahre 2000/2001 und 2004/2005 wurde untersucht, welche Arztgruppe die Erstverordnung des ADHS-Medikaments initiierte und ob innerhalb von acht Quartalen ab Medikationsbeginn Kontakt zu einem Spezialisten bestand (Nachbeobachtung bis 2003 bzw. 2007). Material und Methoden: Datenbasis:Versichertenstichprobe AOK Hessen/KV Hessen. Kohorte 1 (2000/1): n=38.011 Kinder (4–17 Jahre bei Medikationsbeginn); Erstverordnung Methyphenidat/Atomoxetin: n=259; Kohorte 2 (2004/5): n=35.403; Erstverordnung: n=229. Durchschnittsalter K1: 10,6 Jahre; K2: 10,9 Jahre. Ergebnisse: In K1 lag der Anteil mit Erstverordnung durch einen fachspezifischen Spezialisten (Neurologe, Kinder-/Jugendpsychiater, KJP-Ambulanz) bei 31% und stieg in K2 auf 42%. Kinderärzte (K1 50%, K2 41%) und Praktiker/Allgemeinärzte/Internisten (K1 12%, K2 8%) iniitierten in K2 entsprechend seltener diese Therapie. Bei anderen verordnenden Einrichtungen und Facharztgruppen zeigte sich kein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Kohorten. Kontakt mit einem fachspezifischen Spezialisten, auch unabhängig von der Ausstellung der Neuverordnung, hatten im Quartal des Medikationsbeginns 35% der Patienten der ersten und 49% der zweiten Kohorte, innerhalb von 8 Quartalen steigend auf 50% bzw. 59%. Mittels logistischer Regression wurde für die zweite Kohorte untersucht, ob Alter, Geschlecht und psychische Komorbidität (ICD 10: F-Diagnosen) Einfluss auf den Spezialistenkontakt im Quartal des Medikationsbeginns hatten. Signifikanten Einfluss hatte nur die psychische Komorbidität (OR=2,24). Diskussion/Schlussfolgerungen: Bereits im Vorfeld der Zulassungsänderung war zwischen 2000 und 2005 zu beobachten, dass bei der Neuverordnung der ADHS-Medikation bzw. innerhalb von acht Quartalen zunehmend ein Kontakt zu einem fachspezifischen Spezialisten bestand. Wenn unter dem in der Zulassungsänderung geforderten „Spezialisten für Verhaltensstörungen“ nur ein Kinder- und Jugendpsychiater zu verstehen ist, müssten ab September 2009 diese Fachärzte jedoch noch wesentlich häufiger und früher in die medikamentöse ADHS-Therapie eingebunden werden.